Internet-Rundbrief 17 von Siegfried Ullmann

Liebe Friedensfreunde,

 

vor 13 Jahren verlor der Israeli Rami Elehanan seine 14jährige Tochter durch ein palästinensisches Selbstmordattentat. Aber er fordert deshalb nicht blutige Rache, sondern ruft dazu auf, den einzigen Weg, der die Sicherheit aller israelischen Bürger gewährleistet, nämlich den Weg des Friedens und der Versöhnung zu gehen. Außerdem nahm er Kontakt zu Palästinensern auf, die um ihre von den Israelis getöteten Kinder trauern. Er sieht keine Trennungslinie zwischen Arabern und Israelis oder Juden und Muslimen, sondern zwischen denen, die Frieden wollen und den übrigen, die das nicht wollen, wie er in seiner Rede "Hass säen und Tod ernten" betonte. Auch wir sollten seiner Bitte entsprechen, gegen das weitere Töten auf beiden Seiten zu kämpfen, denn, wir er sagte, ist jeder, der nichts dagegen tut, ein Komplize des Verbrechens.

 

 


Der israelische Publizist Gideon Spiro beschreibt in dem beigefügten Artikel "Eine Gefahr namens Israel" die ungeheuren Risiken durch die israelische Atomwaffenproduktion und das Arsenal an Massenvernichtungswaffen, einschließlich biologischer und chemischer Waffen. Er verweist auch auf Deutschlands negative Rolle bei Israels nuklearer Aufrüstung, zum Beispiel durch die kostenlose Lieferung von Unterseeboten (mit Vorrichtungen zum Abschuß von Atomraketen). Dabei sind Israels konventionelle Streitkräfte so stark, daß kein Land es ernsthaft gefährden könnte. Der Iran habe auch nie damit gedroht, Israel zu zerstören oder es anzugreifen. Vielmehr sei es Israel, daß dem Iran mit einem militärischen Angriff droht. Im Jahre 1981 habe es schon im Irak durch einen Luftangriff einen französischen Forschungsreaktor zerstört. - Spiros außerordentlich interessanten Informationen sind ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der derzeitigen Lage und den Risiken im Nahen Osten.

 

 


In Bad Boll sollte eine Tagung mit dem Thema "Mit Hamas und Fatah reden" stattfinden, aber dem eingeladenen Gesundheitsminister der Hamas wird auf Verlangen der israelischen Regierung von der israelhörigen Bundesregierung kein Visum erteilt. Damit werden wieder einmal alle Bemühungen um eine Friedenslösung, an der auch die demokratisch gewählte Hamas beteiligt werden muß, torpediert. Die israelische Friedensbewegung fordert seit langem Gespräche mit der Hamas, die ursprünglich von Israel zwecks Schwächung der Hamas sogar heimlich unterstützt wurde. Der frühere National director of the American Jewish Congress, Henry Siegman, ist der Meinung, daß die Hamas keineswegs als Teil des internationalen Terrorismus anzusehen sei, da sie nicht zu Al-Quaida gehöre und lokal begrenzte Ziele verfolge. Er erinnert an den Terrorismus der zionistischen Bewegung, wobei die zionistische Organisation Irgun die ersten Anschläge auf die Zivilbevölkerung verübte. In diesem Sinn sei die Hamas eine nationalistische Widerstandsbewegung gegen eine Besatzungsmacht. (Zitiert aus "Von Auschwitz nach Jerusalem" von Alfred Grosser).

 


Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte am 10.05.2010 einen Bericht über den Aufruf von „J. Call“, der von über 5.000 jüdischen Intellektuellen unterzeichnet wurde. Darin wird ein Ende der Besatzungs- und Besiedlungspolitik und die Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates gefordert. Unterzeichnet haben auch der Europa-Politiker Daniel Cohn-Bendit und der frühere israelische Botschafter Avi Primor. Rolf Verleger versah seine Unterschrift mit der zusätzlichen Forderung, „daß man auch mit der Hamas reden muß“.

 


Von Politikern und der Presse wird immer wieder behauptet, der iranische Ministerpräsident Ahmadinedschad wolle Israel von der Landkarte tilgen. Diese Behauptung beruht auf einer Fälschung seiner tatsächlichen Aussagen. Tatsächlich sagte er damals wörtlich : "Dieses Regime, das Jerusalem besetzt hält, wird von den Seiten der Zeit verschwinden." Er benannte also nicht Israel, sondern dessen Regierung und sprach auch nicht von einer Landkarte.


Inzwischen leugnet Ahmadinedschad auch nicht mehr den Holocaust an den Juden, denn am 20. April 2009 sagte er bei der Anti-Rassismus-Konferenz der UNO in Genf: "Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sie (die Rassisten) unter der Begründung der Judenopfer und unter Missbrauch des Holocaust, durch Offensive und Feldzug ein Volk vertrieben und einige aus Europa und den USA und anderen Ländern, in deren Territorium gebracht und eine total rassistische Regierung auf dem besetzten Boden Palästinas errichtet." Es lohnt sich, einmal seine vollständige Rede, deren deutsche Übersetzung von der Badischen Zeitung im Internet veröffentlicht wurde, zu lesen und sich selbst eine Meinung dazu zu bilden. Ahmadinedschad kritisierte dabei das undemokratische Vetorecht der Großmächte und weist auf die Verantwortung der USA für die derzeitige Weltwirtschaftskrise hin. Und seine rhetorische Frage: "Geschah der Angriff auf den Irak nicht aufgrund der Entwürfe der Zionisten und ihrer Verbündeten in der damaligen US-Regierung... ?" beruht offensichtlich auf Feststellungen der jüdisch-ameri-kanischen Buchautoren Mearsheimer und Walt, die in dem Buch "Die Israel-Lobby" veröffentlicht wurden. Der Iran und Ahmadinedschad werden dämonisiert, wobei jedes Mittel recht zu sein scheint, weil der Iran der israelischen und amerikanischen Hegemonie über den Nahen Osten Widerstand entgegensetzt. Umgekehrt dämonisiert Ahmadinedschad die USA und Israel. Aber wenn man Ahmadinedschads Äußerungen mit denen von zionistischen Rabbinern, Regierungsberatern und dem derzeitigen israelischen Außenminister Lieberman vergleicht, in denen vom Ausrotten, massenhaftem Töten und Ertränken der Palästinenser die Rede ist, scheint Ahmadinedschad der Harmlosere zu sein. Doch von unseren Politikern und Medien werden die Bürger bewußt getäuscht und manipuliert.

 

 


Kritische Menschenrechtler sprechen von israelischem Rassismus nicht nur gegenüber den Palästinensern in den besetzten Gebieten, sondern auch gegenüber den arabischen Israelis. Und dies vor allem aus folgenden Gründen: 1. Es gibt keine israelische Staatsbürgerschaft, sondern laut Eintragung in die Pässe ist die Staatsbürgerschaft entweder jüdisch oder arabisch, was als rassistische Unterscheidung bezeichnet wird. So titelte die Jüdische Zeitung "Israel ohne Israelis". 2. Die arabischen Staatsbürger werden in vieler Hinsicht gegenüber den jüdischen Bürgern massiv diskriminiert, insbesondere bei der Landverteilung. 93 % des Landes sind jetzt Staatsland und werden von jüdischen Institutionen verwaltet. Nur jüdische Bürger dürfen Land auf 49 Jahre pachten und eine Verlängerung beantragen. Eine Unterverpachtung an arabische Bürger, seien es Moslems oder Christen, ist nicht erlaubt. Auch auf vielen anderen Gebieten, insbesondere bei Baugenehmigungen, Arbeitsplätzen, Sozialleistungen und bei der Bildung werden die palästinensischen Bürger massiv benachteiligt, wie zum Beispiel dem Buch der Neu-Israelin Susan Nathan "Sie schenkten mir Dornen" zu entnehmen ist. Die noch schlimmere Situation in den besetzten Gebieten beschrieb der frühere amerikanische Präsident Jimmy Carter in seinem Buch "Peace - not Apartheid". Zu den jüdischen Menschen, die sich für eine Friedenslösung im Nahen Osten auf der Grundlage von Menschlichkeit, Recht und Gerechtigkeit einsetzen, gehört Alfred Grosser. Näheres können sie aus seinem Buch "Von Auschwitz nach Jerusalem - Über Deutschland und Israel" entnehmen, das ich Ihnen in jeder Hinsicht empfehlen möchte.

 

 

 

Mit Friedensgrüßen

Siegfried Ullmann