Internet-Rundbrief 16 von Siegfreid Ullmann

Liebe Friedensfreunde,

das  israelische Parlament, also die Knesset, ist dabei, ein Gesetz zu verabschieden, das den palästinensischen Staatsbürgern verbieten soll, am Unabhängigkeitstag der Nakba (arabisch: Katastrophe), also der gewaltsamen Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung in den Jahren 1947 und 1948 öffentlich zu gedenken. Zuwiderhandlungen sollen durch hohe Geldstrafen geahndet werden. Die frühere Ministerin für Bildung und Erziehung begründete das Gesetz mit folgenden Worte: "Wenn sie nichts haben, worüber sie trauern können, werden sie auch keinen Grund zum Rebellieren haben."

 

Die rechtsextreme und religiös-nationalistische israelische Regierung versucht seit der Vorlage des Goldstoneberichts, die Dokumentation und Veröffentlichung von Menschenrechtsverletzungen mit allen Mitteln zu verhindern. Ausländische Menschenrechtsaktivisten werden ausgewiesen, Journalisten wird der Zutritt zu  den besetzten Gebieten verweigert und den israelischen Menschenrechtsorganisationen die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland verboten. Näheres können Sie dem Bericht des Chris Hedges "Israels scharfes Durchgreifen gegenüber liberalen Juden ...." in der Anlage 1 unten entnehmen.

 

Der amerikanische General und Oberkommandierende der US-Armee im Mittleren Osten benannte in einem Bericht die Wurzeln der Instabilität für die gesamte Region. An oberster Stelle stand der israelisch-palästinensische Konflikt: "Der Konflikt schürt antiamerikanische Gefühle auf Grund der Wahrnehmung, dass die USA Israel bevorzugt unterstützt. Arabischer Zorn über die palästinensische Frage beeinträchtigt die Stärke der USA-Partnerschaft mit Regierungen und Völkern der Region und schwächt die Legitimität der moderaten Regime in der arabischen Welt. ..." Mit anderen Worten: Die israelische Regierung gefährdet amerikanische Interessen und das Leben amerikanischer Soldaten. (Quelle: Uri Avnery am 20. 3. 2010)

 

Welche Folgen ein Krieg und die anschließende Besatzung auch für die Sieger und Besatzer haben, zeigt der erschütternde Bericht über das Schicksal des amerikanischen Soldaten Joe Dwyer im SPIEGEL Nr. 12/2010. Im Jahre 2009 starben im Irak mehr US-Soldaten durch Selbsttötung (334) als durch Kampfhandlungen (149). Jeden Monat würden 1000 Veteranen versuchen, sich das Leben zu nehmen. Andere begingen Gewalttaten oder wurden drogenabhängig, was auch ihre Familien zerstörte. So war es schon nach dem Vietnam-Krieg. Aber es sind nicht nur amerikanische Soldaten, die als seelische Krüppel zurückkehren,  sondern auch deutsche Soldaten, die in Afghanistan waren und israelische Soldaten, die gegen die palästinensische Bevölkerung eingesetzt wurden. Schuldig sind die Politiker, die diese Soldaten in sinnlose Kriege gegen eine wehrlose Bevölkerung geschickt haben. Natürlich ist die Traumatisierung der Bevölkerung, insbesondere der Kinder, im Irak, in Afghanistan und in Palästina noch viel gravierender. Aber das ist für das Machtdenken der skrupellosen Politiker ohne Bedeutung.

 

In einem Interview mit dem Spiegel (Nr. 13/2010, Seite 18) sagte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn: „Die Juden wissen, was Vertreibung bedeutet. Wir haben das Leid unmittelbar oder in unseren Familien, die zu großen Teilen im Holocaust ausgelöscht wurden, erlitten. ...“ – Aber für die fortschreitende Vertreibung der Palästinenser zeigt der Zentralrat keinerlei Mitgefühl, sondern solidarisiert sich mit der rechtsextremistischen israelischen Regierung. Des weiteren sagte Korn: „Wir erleben nach wie vor eine partielle Selbstentmündigung von nichtjüdischen Deutschen in moralischen Fragen.“  - Das stimmt, wenn man es auf das unmoralische Verhalten vieler Deutscher und insbesondere der deutschen Regierung bezieht, die eine bedingungslose Solidarität mit Israel praktizieren und ihre Augen vor der Tragödie der Palästinenser verschließen.

 

Erfreulich sind die Aussagen des israelischen Historikers Tom Segev auf Seite 79 der gleichen Spiegelausgabe zu den derzeitigen Beziehungen zwischen Israel und den USA: „Aber der Druck aus Washington ist ein Freundschaftsdienst, auf den viele Israelis gewartet haben. Sie sind sehr dankbar, daß Barak Obama sich so dafür einsetzt, daß das Leben für die Palästinenser und damit auch für uns besser wird. ... Netanjahu weiß sehr wohl, daß Washington in seinem Konflikt mit Iran neuerdings Israel als strategische Belastung empfindet. ...Aber nur, wenn Israel dramatische Konzessionen an die Palästinenser macht, werden die USA in der arabischen Welt jenen Rückhalt finden, den sie für diese Politik brauchen.“

 

In der israelischen Zeitung Haaretz war am 21.03.2010 zu lesen: „Die israelische Regierung hat mindestens 21 Gesetzanträge verabschiedet, in denen die arabischen Bürger des Landes diskriminiert werden. Das macht die jetzige Knesset zum rassistischsten israelischen Parlament seit der Gründung des Landes – nach einem am Sonntag von zivilen Rechtsgruppen veröffentlichten Bericht. ... Der Bericht fügt noch hinzu, daß einige Koalitionsmitglieder offen versuchen, die Rechte der arabischen Bürger zu schädigen, israelische Juden von Arabern zu trennen und sogar zur Vertreibung der arabischen Bevölkerung aufzurufen. ... Unter den vorgeschlagenen Gesetzen, die im Bericht erwähnt werden, ist eine Gesetzesvorlage, nach der jeder ein Jahr Gefängnisstrafe bekommt, der etwas veröffentlicht oder sagt, daß dem Land Verachtung oder Beschwerden bringt.“ – Das erinnert doch wohl eher an China und noch totalitärere Staaten.

 

Die derzeitige Lage in Palästina ist vergleichbar mit der Situation in Algerien im Zuge der Entkolonialisierung. Nach dem zweiten Weltkrieg verlangten die Kolonialvölker die nationale Unabhängigkeit, worauf die Kolonialherren mit blutiger Unterdrückung der Befreiungsbewegungen reagierten. Frankreich vertrat lange Zeit die Meinung, daß es sich bei Algerien um französisches Staatsgebiet handeln würde. Dort standen den rd. 1,1 Millionen französischen Siedlern rd. 11 Millionen Algerier gegenüber. Die Armee beantwortete den bewaffneten Widerstand der Algerier mit Massenverhaftungen, Erschießungen, brutaler Folter und der systematischen Zerstörung von Dörfern. Im Zuge der Kämpfe wurden rd. 18 000 Franzosen und mindestens 350 000 Algerier getötet. Als dann unter dem französischen Präsidenten de Gaulle die Pariser Regierung mit der Befreiungsfront FLN verhandelte, rebellierten Hohe Offiziere des  Militärs und versuchten sogar, de Gaulle durch Attentate zu beseitigen. Trotz aller Widerstände endete die französische Kolonialherrschaft in Algerien im Jahre 1962, wodurch  über eine Million Algerienfranzosen in das Mutterland umgesiedelt werden mußten. Das führte zu vielfältigen Problemen, die aber im Laufe der Zeit gelöst werden konnten.

 

In gleicher Weise könnten und müßten die israelischen Siedler aus dem Westjordanland und Ostjerusalem nach Israel umgesiedelt werden, was auch finanziell machbar wäre, wenn das Geld, das bisher für Krieg und Besatzung ausgegeben wurde, für einen dauerhaften Frieden mit den Palästinensern und den arabischen Nachbarn verwendet würde. Aber bis jetzt ist kein israelischer de Gaulle in Sicht, der den Mut hat, das israelische Volk von diesen Notwendigkeiten zu überzeugen. Statt dessen gewinnen die religiösen Fanatiker und extremen Nationalisten, deren Vision einer Friedenslösung die Deportation oder Ausrottung der Palästinenser ist, immer mehr an Einfluß. Etliche wollen sogar, daß Israel sich unter Berufung auf die Bibel und die Halacha, also die religiösen Gesetze, durch neue Kriege  weitere Territorien einverleibt, wie der jüdisch-amerikanische Wissenschaftler Noam Chomsky in seinem Buch "Offene Wunde Nahost" belegt.

 

Leider stellt sich unsere Regierung weiterhin vor die israelischen Politiker, die für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich sind und jede Friedensinitiative blockieren. Herr Westerwelle hat sich sofort nach seiner Amtsübernahme bei dem israelischen Außenminister Lieberman angebiedert. Bei dem Spiegel-Gespräch (Spiegel 12/2010) sagte Lieberman "Wir bekämpfen den Terror jeden Tag." Richtig hätte es heißen müssen: "Wir bekämpfen die Freiheitsbestrebungen der Palästinenser jeden Tag."

 

Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Wie das Handelsblatt berichtete, sagte die EU die Annäherung an Israel ab. Die für eine Vertiefung der Zusammenarbeit nötigen Bedingungen seien nicht erfüllt, hieß es bei einem Treffen der EU-Außenminister.

 

Die israelische Friedensorganisation Gush Shalom veröffentlichte am 19.03.2010 in der Zeitung Haaretz folgendes Inserat:

 

Stoppt alle Siedlungen in Ost-Jerusalem

Verhandelt über Jerusalem,

die Grenzen, Siedlungen, die Flüchtlinge.

Dies sind Forderungen

Hillary Clintons.

Dies sind Forderungen der Israelis,

die sich um ihr Land sorgen.

 

Ich möchte Ihnen noch das Buch  "Palestine on my Mind - 26 Zeugnisse aus unserer Zeit", erschienen in Semit edition, empfehlen. Hierzu schrieb die Friedensvermittlerin Sumaya Farhat-Naser "Das Buch bündelt Stimmen, die aus Liebe, Sorge und Verantwortung, Fakten benennen, Unrecht ablehnen, klare Analyse anstreben, um Israel und Palästina zu retten. Die Stimmen sprechen aus dem Herzen und zu den Herzen und stärken alle, die hoffen wollen."

Der damalige israelische Verteidigungsminister Dayan opponierte nach den Gebietseroberungen im Jahre 1967 gegen die Rückgabe ägyptischen Landes auf dem Sinai einschließlich der Stadt Scharm-el Scheich im Rahmen der Friedensvereinbarungen mit Ägypten. Er äußerte, daß er Scharm-el-Scheich ohne Frieden einem Frieden ohne Scharm-el-Scheich vorziehen würde. (Quelle: "Offene Wunde Nahost" von Noam Chomsky) Genauso sieht es die israelische Regierung: "Lieber das Westjordanland ohne einen Frieden als Frieden ohne das Westjordanland." Deshalb werden auch alle sogenannten Friedensgespräche erfolglos bleiben, so lange Israel nicht durch massiven Druck zu einer Beendigung seiner Besatzung und Besiedlung gezwungen wird. Durch ihre großen finanziellen Zuwendungen an Israel fördern die USA aber weiterhin den Siedlungsbau auf palästinensischem Boden.

 

Anlage 1
Israels scharfes Durchgreifen gegenüber liberalen Juden …

Chris Hedges, 15.März 2010
http://www.truthdig.com/report/item/israel_crackdown_puts_liberal_jews_on_the_spot_20100315/

Die israelische Regierung hat,  nachdem ihre brutalen Kriegsverbrechen im Gazastreifen im Detail im UN-Bericht von Richter Goldstone offengelegt wurden, eine Reihe von drakonischen Maßnahmen unternommen, um Dissidenten in Misskredit und zum Schweigen zu bringen, auch führende  Intellektuelle und Menschenrechtsorganisationen innerhalb und außerhalb Israels, die angeklagt werden,  mit falschen Aussagen Goldstones UN-Mitarbeitern beigestanden zu haben . Die Regierung  Benyamin Netanyahu versucht gerade, Israels  beste Menschenrechtsorganisationen, einschließlich B’tselem,  des Neuen Israel Fund (NIF) und der Vereinigung für zivile Rechte in Israel zu schließen. Sie ist eifrig dabei, Friedensaktivisten und Ausländer aus dem palästinensischen Gebieten  auszuschließen. Wenn die Kampagne unkontrolliert verläuft, wird sie für die Palästinenser und auch für Israel eine Katastrophe werden.

Der Goldstone-Bericht mit über 500 Seiten untersucht Israels 22-tägigen Angriff auf Gaza aus der Luft und vom Land her vom 27.Dezember 2009  bis zum 18.Januar 2010. Die UN und das EU-Parlament hat  den Bericht unterstützt. Der Bericht fand, dass Israel unverhältnismäßig militärische Gewalt gegen Hamas-Militante  angewandt hat, während es  gleichzeitig versäumt hat, die zivile Bevölkerung vor dem Angriff zu schützen. Der Angriff tötete 1434 Menschen, einschließlich 960 Zivilisten nach dem Palästinensischen HR-Center (PHRC). Mehr als 6000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Es ließ  etwa 3 Milliarden Schaden in einem der ärmsten Gebiete der Erde zurück. Keine Israelis wurde von Raketen der Hamas getötet, die während des Angriffs nach Israel abgefeuert wurden. Der Bericht beschränkt sich nicht auf die  22 Tage des Angriffs;  er geht auch auf die Besatzung ein. Er untersucht den Beginn der Besatzung und verurteilt Israel wegen der geschlossenen Grenze, der Blockade und wegen der Mauer bzw. Sicherheitsanlage auf der Westbank. Er enthält zwei Referenzen zum Rückkehrrecht, er untersucht die israelische Folterpraxis und kritisiert die absichtliche Zerstörung der palästinensischen Wirtschaft.

„Die Wirkung des Goldstone-Berichtes ist gewaltig“ sagte mir der Nahost-Experte Norman Finkelstein, als ich ihn in New York erreichte. „Er lässt Spuren in der Unterstützung Israels in der jüdischen Diaspora zurück, weil Goldstone ein typischer Diasporajude ist. Er ist ein Anwalt und  Menschenrechtler und liberal. Er ist selbst  auf dem Gebiet des Rechts hoch angesehen. Er nennt sich selbst einen Zionisten. Seine Mutter war eine Aktivistin in der zionistischen Bewegung. Seine Tochter ist nach Israel eingewandert. Er ist im Vorstand der Hebräischen Universität in Jerusalem. Er ist Ehrenmitglied dieser Universität. Er ist davon überzeugt, dass Juden ein Recht auf einen Staat in Palästina haben…“

„Liberal hat eine bestimmte Bedeutung“, fuhr Finkelstein fort. Es bedeutet, an die Herrschaft des Gesetzes zu glauben. Es bedeutet an internationale Institutionen zu glauben. Es bedeutet an die Menschenrechte zu glauben. Amnesty international und Human Rights Watch sind liberale Organisationen. Was das Goldstone-Phänomen registriert und katalysiert, ist die Tatsache, dass es unmöglich ist, liberale Überzeugungen mit Israels Verhalten in Einklang zu bringen. Zu viel ist jetzt über die Geschichte des Konfliktes, die Menschenrechtsberichte und den sog. Friedensprozess bekannt. Es ist unmöglich, beides zu sein: liberal und  für Israels Politik  zu sein.  Das war der Konflikt, dem sich Goldstone gegenüber sah. Ich bezweifle sehr, dass er Israel verurteilen wollte.

„Israels Liberalismus hat immer eine Funktion in Israels Gesellschaft“, sagt Finkelstein, dessen neues Buch „Diesmal gingen wir zu weit“ den israelischen Angriff auf Gaza vor einem Jahr untersucht. „Wenn ich von Liberalen spreche, meine ich Leute wie A.B. Yehoshua, David Grossman und Amos Oz. Ihre Funktion war  diese  qualvolle Kritik Israels, die nicht nur Israels Verbrechen mildert und beschönigt, sondern Israels Verbrechen lobend hervorhebt. Ist sie nicht wunderbar, die israelische Seele – hat sie nicht Qualen gelitten wegen dem, was sie getan hat. ….Und nun kommt ein jüdischer Liberaler und sagt: „Spart eure Tränen, ich bin nur am Gesetz interessiert.“
„ Goldstone tritt nicht in der Rolle des jüdischen Liberalen auf,“ sagt Finkelstein, „der sich quält und nicht mit Konsequenzen rechnet. Und plötzlich entdecken israelische liberale Juden,
dass das Ausführen von Kriegsverbrechen Konsequenzen hat…Sie können es kaum glauben, sie sind echt geschockt. „Genügt es nicht, wenn wir weinen? …Nein“, sagte er, „Ihr müsst vor das Gericht“.

Die Kampagne gegen israelische Dissidenten hat eine Form  gehässiger  Denunziationen von Aktivisten und Juristen, einschließlich Richter Goldstone zur Folge. Es schließt einen Gesetzesentwurf vor dem israelischen Parlament, der Knesset, ein, der es möglich macht, Verantwortliche von israelischen Menschenrechtsgruppen  zu verhaften, wenn sie nicht einwilligen, neue Registrierungsbedingungen anzunehmen. Menschenrechtsaktivisten von außerhalb Israel, die in den palästinensischen Gebieten arbeiten, werden zusammengetrommelt und deportiert. Die Regierung weigert sich, Arbeitsgenehmigungen an Mitarbeiter von 150 NGOs auszugeben, die in den palästinensischen Gebieten und unter israelischer Besatzung arbeiten, einschließlich Oxfam, Save the Children, Ärzte ohne Grenzen. Die neuen Touristenvisen lassen diese Mitarbeiter  nicht in die unter israelischer Besatzung stehenden palästinensischen Gebiete. Professorin Naomi Chazan, die israelische Chefin von NIF, der Spender in den USA hat, wird öffentlich  von ultranationalistischen Gruppen  wie Im Tirzu diffamiert . Ausländische Spender/ Sponsoren des NIF und anderer Menschenrechtsgruppen stehen unter Druck, die Spenden einzustellen. Reklametafeln haben rund um Tel Aviv und Jerusalem groteske Karikaturen von Chazan  verteilt, wo sie  von Gruppen wie Im Tirzu als  Agentin von Hamas und dem Iran gebrandmarkt wird: mit einem Horn auf der Stirn; dabei steht als Titel „Naomi Goldstone-Chazan“. Im Tirzu, die Dach- und Deckorganisation hinter vielen Angriffen, schließt unter  ihren finanziellen  Unterstützern das John Hagee-Ministerium und den New York Zentral Fond ein, der auch extremistische Siedler-Organisationen unterstützt.

Unterdessen geschieht eine Säuberung, weil man in der Netanyahu-Regierung glaubt, dass diese Gruppen und Aktivisten den Richter Goldstone mit Beweismaterial von Israels Kriegsverbrechen versorgten. Israel hat nicht die Absicht, die Blockade des Gazastreifens aufzuheben, die Siedlungsausdehnung zu beenden, einschließlich der 1600 neuen Wohnungen, die in Ost-Jerusalem gebaut  werden sollen oder  die Teilung der Westbank in verarmte Ghettos von Palästinensern rückgängig zu machen. Die wachsende Brutalität und Gewalt der Besatzung, die nicht länger geleugnet und verborgen werden kann, verbunden mit Israels Status als internationaler Paria-Staat, hat ein scharfes Durchgreifen gegen jene im jüdischen Staates ausgelöst, denen die Schuld gegeben wird, dass Israel ein so schlechtes Image hat. Yuli Edelstein, der Minister für Diaspora-Angelegenheiten, fasste die Hexenjagd zusammen, als er verkündete, dass das Kabinett eine Zeit lang mit einigen Gruppen unter dem Deckmantel von NGOs beschäftigt waren, die von ausländischen Agenten finanziert werden.
Die Knesset-Gesetzesvorlage wird, wenn sie durchgeht, Menschenrechtsgruppen zwingen,  sich  als politische Körperschaften zu registrieren und die Adressen und Identitätsnummern aller Mitglieder an die Regierung weiter zu geben. Diese Gruppen werden ihre Steuerbegünstigungen verlieren. Die meisten Regierungsorganisationen wie die EU, die ein bedeutender Sponsor israelischer Menschenrechtsorganisationen (MRO) ist, kann rechtlich nicht einer anderen Regierung Steuern zahlen. Das neue Gesetz  wird effektiv das Sponsern der EU und anderer Länder beenden. Die Gruppen werden damit beauftragt, der Regierung sämtliche ausländische Spenden mitzuteilen…Diejenigen, die es versäumen, sich an diese Richtlinien zu halten, können mit einem Jahr Gefängnisstrafe rechnen.
„Dies ist das erste Mal, dass die Menschenrechtsdimension des Israel-Palästina-Konfliktes in den Mittelpunkt der politischen Bühne gerückt ist,“ sagte Finkelstein. Sie hat vorübergehend den  albernen Friedensprozess verdrängt. Es ist das erste Mal, dass Menschenrechtsberichte angesehen werden. Da gibt es buchstäblich – ich habe sie gelesen – zig wenn  nicht hundert Tausende von Seiten von Menschenrechtsberichten, die Israel verurteilen von der 1. Intifada bis zur Gegenwart. Die MRO sind seit 1990 mit ihrer Kritik an Israels Menschenrechtspolitik ziemlich scharf geworden, aber keiner hat diese Berichte gelesen. Über sie wurde mit wenigen Ausnahmen  nie berichtet. Mit dem Goldstone-Bericht rücken zum ersten Mal die Ergebnisse dieser MRO ins Zentrum der Bühne. Die Menschen sprechen nicht mehr über den Friedensprozess,  sondern beginnen, über Israels MR-Aufzeichnungen zu reden.
Unter Israelis gibt es eine wachsende Ernüchterung in bezug auf die endlose Besatzung des Gazastreifens und der Westbank und der endemischen Regierungskorruption. Generalmajor Avi Zamir, der Chef der israelischen Militärpersonalabteilung, gab vor kurzem gegenüber UPI (?) zu, das immer mehr Israelis sich weigern, in den besetzten Gebieten Militärdienst zu machen. Berücksichtigen wir auch die arabische Jugend so stehen wir einer Situation gegenüber, in der 70% der Jugend den Militärdienst verweigert!, sagte der General der Nachrichtenagentur. Die Unzufriedenheit zusammen mit der internationalen Verurteilung hindert Israels Fähigkeit, internationale Unterstützung für weitere Angriffe zusammen zu bekommen.
„Israel griff den Gazastreifen an, um – wie es sagt -  seine Abschreckungsfähigkeit wieder zu erlangen, seine Fähigkeit, die arabische Welt  mit Terror zu unterwerfen,“ sagte Finkelstein.
Aber tatsächlich verringerte es seine Abschreckungskapazität, weil es nicht angreifen kann. Wenn sie jetzt irgendwo angreifen sollten, würde die Hölle ausbrechen, und sie würden keine Sympathie bekommen.
Die Zahl der  sog. Refuseniks erhöht sich mit Gruppen wie den „Mut zu verweigern“, den Shministim und New Profile unterstützt jene, die nicht bei den IDF dienen wollen. Es geht nicht darum, dass viele Israelis kein Gewissen haben, es geht nicht darum, dass viele   nicht richtig von falsch unterscheiden können; es geht darum, dass die Netanyahu-Regierung fest entschlossen ist, die mutigen Stimmen innerhalb Israels - zusammen mit denen der Palästinenser  - zum Schweigen zu bringen .

(deutsche Übersetzung und  geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)