Palästina-Israel - Info & Gedanken Nr. 33

von Siegfried Ullmann

Liebe Friedensfreunde, Israel-Unterstützer und Nahost-Interessierte,

 

bei der diesjährigen Umfrage der BBC zum Einfluss von 16 Staaten auf die Welt landete Israel am unteren Ende in Gesellschaft von "Schurkenstaaten". Nähere Angaben finden Sie in den beigefügten Zitaten 21 (Anlage 1) mit weiteren sehr vielseitigen Aussagen zu Israel und Palästina. Da kann sich dann jeder ein Urteil bilden.

 

Des weiteren möchte ich auf das Buch des Denis Goldberg "Der Auftrag - ein Leben für Freiheit in Südafrika" aufmerksam machen. Goldberg kämpfte in Südafrika gemeinsam mit Nelson Mandela gegen die dortige Apartheid, also gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung durch die weiße Minderheit. Nach seiner Verhaftung wurde er zuerst zum Tode und dann zu einer langen Haftstrafe verurteilt. In seinem Buch setzt er sich nunmehr mit Nachdruck für die Befreiung der Palästinenser ein. Ein Textauszug ist als Anlage 2 beigefügt.

 

Offensichtlich nutzt die israelische Regierung die besondere Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit für die Vorgänge in arabischen Staaten, um wieder besonders brutal gegen Palästinenser vorzugehen.  Ein Beispiel ist die wiederholte Zerstörung von Beduinen-Dörfern, um die Bewohner obdachlos zu machen und zu vertreiben. Zum Beispiel wurde das Dorf Khibet Tana jetzt zum sechsten Mal vom israelischen Militär dem Erdboden gleich gemacht. Näheres können Sie der Pressemitteilung des International Solidarity Movements (ISM) entnehmen.

 

Wenn Sie mal sehen wollen, mit welch unglaublichen Lügen die Israel-Lobby arbeitet, dann sollten Sie die Argumentation des Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, „Israel in die Nato“, veröffentlicht von Welt online am 08.03.2011, lesen. Einfach haarsträubend.

 

Die brutale Unterdrückung der Palästinenser mit ständiger Missachtung der Menschenrechte durch die israelische Besatzungsarmee traumatisiert nicht nur die palästinensische Bevölkerung, sondern auch viele israelische Soldaten. Die Reportage des ZDF Auslandsjournals "Kiffen statt kämpfen" vom 02. 03. 2011 zeigte, dass sich etwa die Hälfte der Soldaten und Soldatinnen nach ihrem Militärdienst in das indische Goa begibt, um mit  Hilfe von Alkohol und Drogen zu vergessen, was sie auf Befehl ihrer Offiziere den Palästinensern angetan haben. Viele sind innerlich so zerstört, dass sie nicht mehr in ein normales Leben zurückfinden. "Die Schuld daran aber", sagte einer, "trägt die israelische Regierung. Die tun so, als sei Krieg etwas Romantisches. Aber frag' mal die, die aus dem Krieg zurückkommen, ob es da etwas Romantisches gab. Nix da. Es ist abscheulich, es stinkt."

 

Den Irrsinn und die Brutalität der israelischen Besatzung in den Palästinensergebieten beschreibt der ehemalige israelische Soldat Idan Barir in dem beigefügten Bericht „Kämpfer für den Frieden“. (Anlage 3)

 

Wie der israelische Friedensaktivist Uri Avnery berichtete, haben mehrere israelische Divisionskommandeure verkündet, dass sie sich für einen gewaltfreien Massenaufstand in der Westbank im Tahrir-Stil vorbereitet hätten. Die Soldaten würden trainiert und Mittel zur Aufstandbekämpfung seien vorrätig. - Da wird man sich wohl Gaddafi zum Vorbild nehmen und ähnlich brutal vorgehen. Wehe, wenn ein Palästinenser auch nur versuchen sollte, den Kopf zu heben.


Als Anlage 4 füge ich die „Erklärung Jüdischer Aktivisten und Organisationen, die sich für BDS gegen Israel einsetzen“ bei. BDS bedeutet Boykott, Deinvestment und Sanktionen. Es ist wohl das wichtigste Instrument, wirtschaftlichen Druck auf Israel auszuüben, damit es zu einer Friedensregelung auf der Basis des Völkerrechts und der UN-Beschlüsse kommt. Zu einem derartigen Boykott gehört es, keine in Israel erzeugten Produkte, Kartoffeln, Paprika, Möhren, Orangen, Kosmetik etc. oder Produkte israelischer Firmen (z.B. Ratiopharm) zu kaufen.

 

Abschließend noch etwas aus einem Gedicht des jüdischen Schriftstellers Erich Fried, der leider schon im Jahre 1988 starb:

 

In der Sprache der Alten

 

Komm

Volk Israels!

....................

Du weißt welches Ende der nimmt

dessen Tun und Reden

alle um ihn herum

zu seinen Feinden gemacht hat

wenn nicht heute dann morgen

wenn nicht morgen dann übermorgen

wenn nicht übermorgen

dann zur Zeit deiner Kinder und Enkel

Und du weißt was es heißt

zu leiden und Asche zu essen

du weißt es von deinem eigenen Leid her

das dir eingegraben ist

tief wie die Furchen und Falten

die die Zeit gezogen hat

durch ein altes Gesicht

Darum sollst du nun endlich

auch wissen von den Leiden

derer die du selbst leiden gemacht hast

und darum sollst du nicht warten
und sollst  ihre Leiden
die du gesät hast
nicht begießen mit neuem Leid
bis sie wachsen und dir
vielfache Ernte tragen
reichlicher als du sie einbringen kannst
in dein Haus
Komm
bevor es zu spät ist
du altes Volk!
Sei nicht zu alt zur Einsicht
sei nicht zu alt zur Umkehr!
Oder müssen sich erst die Ecksteine deines Hauses
umkehren unter den Schlägen
die dich zertrümmern?


Aus dem Buch "Höre Israel - Gedichte gegen das Unrecht"

 

Anlage 1:

Zitate 21 (März  2011)

Zionistische Stimmen:

"Tod den Arabern" schrieb die Givati Brigade der israelischen Armee bei ihrer Invasion in den Gazastreifen im Januar 2009 im Haus der Familie al-Sammouni an die Wand. Quelle: Bericht "Operation Gegossenes Blei - Israel/Gaza" von amnesty international

„Als ein (linker) israelischer General vor 65 Jahren gefragt wurde, wie er die arabische Welt sieht, antwortete er "Durch das Fadenkreuz meines Gewehrs" “. – Der israelische Journalist Uri Avnery in seinem Kommentar vom 19. 2. 2011 "Der Geist ist aus der Flasche".

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, am 27. Januar 2011 zur Sarrazin-Debatte: "Dass aber Menschen derart herabwürdigend und respektlos behandelt werden, darf nicht sein. ... Aus unserem jüdischen Erbe heraus treten wir stets für Minderheiten ein. Schließlich wissen wir aus eigener Erfahrung, wie schlimm es ist, als Minderheit diskriminiert zu werden." (Quelle: Jüdische Zeitung) - Aber gegen die Diskriminierung der Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft oder unter israelischer Besatzung  erhebt der Zentralrat natürlich nicht seine Stimme.

Kommentar des früheren israelischen Botschafters Zvi Mazael am 28. Januar 2011 zu den Demokratiebestrebungen in Ägypten: " Dies ist sehr schlecht für die Juden, sehr schlecht." - Quelle: Ilan Pappe, israelischer Historiker, in seinem Beitrag vom 14. 2. 11 "Die "einzige Demokratie im Nahen Osten" wünscht keine Gesellschaft".

Andere jüdische Stimmen

Evelyn Hecht-Galinski in ihrem Kommentar vom 27. 1. 2011: "Meine Erkenntnis, schon seit langem: "Israel will keinen Frieden"."

Die israelische Friedensbewegung Gush Shalom im Januar 2011: "Wir haben einen Partner für Frieden. Die Palästinenser dagegen haben keinen Partner für Frieden."
Und in einem Inserat am 18. 2. 2011: "

"Das ägyptische Volk
Kämpft tapfer für die Menschenrechte.

Die israelische Knesset
Kämpft tapfer darum,
die Menschenrechte abzuschaffen."

Der israelische Historiker Tom Segev in einem Spiegel-Interview über die Bedeutung  der arabischen Revolutionen: „Wenn die Region wirklich demokratisch wird, dann bliebe hier ein undemokratischer Fleck zurück – schwer vorstellbar, dass die Welt, vor allem die arabische, das tolerieren würde. Netanjahu hält an seiner alten Position fest: Er will keinen palästinensischen Staat, er will die Siedlungen und die besetzten Gebiete nicht aufgeben. Druck aus dem Ausland ist der einzige Weg, etwas zu ändern.“

Reiner Bernstein in der Jüdischen Zeitung (JZ), März 2011: "Bislang war im Hinblick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt regelmäßig kolportiert worden, dass die Amerikaner und die deutschen Bundesregierungen als diplomatische Bremser zugunsten der Politik Jerusalems aufgetreten seien. Inzwischen jedoch hat es die israelische Politik geschafft, was manche ihrer Diplomaten seit längerem befürchteten: Der wichtigste Verbündete nach den USA geht auf Abstand. Auf Dauer kann Berlin den Aufbruch im arabischen Raum nicht in den höchsten Tönen preisen und gegenüber der israelischen Politik und der gebrechlichen Basis ökonomischer Erfolge in der Westbank ohne politische Fortschritte die Augen verschließen." ...
"Dass Shimon Peres in Madrid die arabischen Bestrebungen nach Demokratie und Freiheit würdigte, ohne mit einem Wort auf die Politik seiner Regierung gegenüber den Palästinensern in Israel und in den besetzten Gebieten einzugehen, ist keine herbe Enttäuschung, sondern bezeichnend. Die ungebremste Militanz der religiösen Siedlerbewegung sowie die Koalition Netanjahus mit Rechtsextremisten scheint den Präsidenten nicht zu beunruhigen. Die Wege zur Demokratie und zur Rechtsstaatlichkeit scheinen in Teilen der arabischen Welt weniger steinig zu sein als die Rückkehr zu einer politischen Aufbruchstimmung in Israel."

Der frühere israelische Botschafter Avi Primor in seinem Buch "Terror als Vorwand":
"Das Problem des globalen Terrorismus kann man nicht von dem Nahostkonflikt trennen, der nun seit mindestens 55 Jahren andauert." ... "Man kann den Terror nicht weiter als Vorwand für die Fortsetzung der Besatzung und des Herrschens über eine andere Bevölkerung benutzen. Man muß ihn zwar bekämpfen, aber gleichzeitig eine glaubwürdige Lösung finden - im Einklang mit den Palästinensern." ... "Wir müssen für einen bilateralen Friedensprozess sorgen. Und wenn wir in die Alltagsrealität blicken, müssen wir feststellen, dass es nur einen Faktor gibt, der heute einen Friedensprozess beziehungsweise einen Friedensvertrag durchsetzen kann, und das sind die Vereinigten Staaten."                                                                                                                               

Rolf Verleger berichtet in seinem Buch "Israels Irrweg - Eine jüdische Sicht" von zwei Interviews zum 11. 9. 2001, in denen der spanische Ministerpräsident Zapatero und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel gefragt wurden, wie der Terrorismus zukünftig zu bekämpfen sei. Zapatero benannte das ungelöste Palästina-Problem als wichtigste Quelle des Terrorismus, das beseitigt werden müsse. Frau Merkels Antwort war, die Bundesregierung intensiviere ihre Anstrengungen zur guten Ausbildung der Polizei in Afghanistan. Hierzu Rolf Verleger: "Und so kann Israel die ärgsten Untaten begehen, kann in Gasa den Flughafen zerstören, das Auslaufen von Schiffen verbieten, das Elektrizitätswerk zerbomben, die Wasserversorgung klein drehen, Hunderte von Menschen inklusive Frauen und Kindern erschießen, mit Panzern die Straßen platt walzen, den Grenzübergang schließen, wenn Obst und Gemüse exportiert werden sollen, die Fabrik zerbomben, die Tausenden Menschen Arbeit gab, - all dies unter dem Stichwort Terrorbekämpfung, aber das offizielle Deutschland wird dazu nichts sagen."

Rolf Verlegers Religionslehrer sagte schon im Jahre 1967: "Bisher seien jüdische Religion und Zionismus überwiegend getrennt voneinander und sogar in Gegnerschaft verharrt. Nun aber, da der zionistische Staat durch militärische Mittel die Klagemauer, als Relikt des Tempels, in jüdische Hände gebracht habe, ebenso die "heiligen" Gräber der Vorväter in Hebron und Rachels Grab in Bethlehem, bestehe die Gefahr, dass sich Nationalismus und die rückwärtsgewandten Teile der Orthodoxie zusammen schlössen und sich eine klerikal-faschistische Ideologie herausbilde." - Genauso ist es geschehen!

"Was nach der Ermordung vieler Kopten für Ägypten bemerkt wurde, gilt mehr noch für Israel: Die sektiererische Spaltung bedroht das Gemeinwesen. Bereits in den 1990er Jahren wurde ein "religiöser Totalitarismus" und eine "tödliche Mischung aus Religion und Politik" beklagt, die in Israel schneller vonstatten gehe als in Khomeinis Iran.
Obwohl wir, so Martin Buber vor mehr als achtzig Jahren, die Einwanderer sind und die Araber die landansässige Bevölkerung, wird von letzteren die Anpassung an ihnen fremde und kulturelle Normen verlangt. ... Die internationale Resignation bedeutet die schwerste Bürde für eine Zweistaatenlösung. ... Auswärtige Appelle an die Vernunft haben längst ihren Wert eingebüßt." - Reiner Bernstein in der Jüdischen Zeitung,  Februar 2011.

Der 93 Jahre alte Stéphane Hessel in seinem Manifest "Empört Euch" in dem Kapitel "Für einen Aufstand in Friedfertigkeit": "Ich habe - nicht als Einziger - bemerkt, wie die israelische Regierung reagiert, wenn die Bürger von Bil'in jeden Freitag gewaltlos, ohne Steine zu werfen, an die Mauer gehen, die der Gegenstand ihres Protestes ist. Die israelischen Behörden haben diesen Marsch als "gewaltlosen Terrorismus" charakterisiert. Nicht schlecht ... Um Gewaltlosigkeit terroristisch zu nennen, muss man schon in der Lage der Israelis sein." ... "Der Gaza-Bericht von Richard Goldstone vom September 2009 sollte Pflichtlektüre sein. In ihm klagt Richard Goldstone, selber Jude und bekennender Zionist, die israelische Armee an, während ihrer dreiwöchigen Operation "Gegossenes Blei" Akte begangen zu haben, "die mit Kriegsverbrechen und vielleicht, unter bestimmten Umständen, mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit vergleichbar sind."

„Israels Ansehen in der Welt sinkt tatsächlich ständig weiter, aber nicht aufgrund eines weltweit geplanten Anschlags, bei dem sich „Antisemiten“ und „selbsthassende Juden“ vereinen. Unser Ansehen sinkt, weil wir auf der falschen Seite der Geschichte stehen.
Israel hat seit Jahrzehnten ein Besatzungsregime aufrecht erhalten. Es fährt damit fort, ein anderes Volk zu beherrschen und zu demütigen. Ideologisch und praktisch liegt es in der mentalen Welt des 19.Jahrhunderts, wohingegen der Rest der Welt zum Leben im 21.Jahrhundert startet. Israels Politik ist schlicht und einfach anachronistisch.“ –
Uri Avnery in seinem Kommentar „Die falsche Seite“ vom 05.03.2011.

Andere Stimmen


Die diesjährige, von der britischen BBC in Auftrag gegebene Befragung von 28 000 Menschen in 27 Ländern zum Einfluss von 16 Nationen auf die Welt ergab, dass 65 % der Deutschen, 66% der Briten und  66 % der Spanier, also 2/3 der Befragten in diesen Ländern der Meinung sind, dass Israel einen negativen Einfluss auf die Welt ausübt. Selbst in den  USA waren 41 % dieser Ansicht mit einem Anstieg von 10 Punkten gegenüber dem Vorjahr. In Kanada äußerten 52 % und in der Türkei sogar 77 % , dass Israel einen schlechten Einfluss auf die Welt hat.
In der Beliebtheitsskala lag Israel am unteren Ende, gefolgt nur von Pakistan, Nordkorea und dem Iran. Deutschland belegte den ersten Platz. (Quelle: www.haolam.de)

Bei der gleichartigen Befragung im Jahre 2009 lag  Israel noch hinter dem "Schurkenstaat" Nordkorea. Schlechter bewertet wurden nur noch Pakistan und der Iran, der das Schlusslicht bildete. (Quelle: www.deutschlandwoche.de)

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Menschen - trotz aller Propaganda der Israel-Lobby und der israelhörigen Medien - recht gut informiert ist. In Anbetracht der Fakten: Angriff auf den Gazastreifen und auf die Hilfsflottille, fortdauernde völkerrechtswidrige Blockade des Gazastreifens, Landraub durch Mauerbau und Siedlungen, Apartheidsstraßen nur für jüdische Israelis, brutale Unterdrückung gewaltloser Demonstrationen, Verweigerung eines Palästinenserstaates etc. ist die negative Bewertung Israels durchaus berechtigt.

Aus den Schlussfolgerungen des "Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den israelischen Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte", veröffentlicht im Melzer-Verlag: "Die Kommission ist zur festen Überzeugung gelangt, dass am 31. Mai 2010 in Gaza eine humanitäre Krise herrschte. ... Ein Abstreiten dieser Tatsache kann mit keinen vernünftigen Argumenten gestützt werden. Eine der Folgerungen hieraus ist, das allein aus diesem Grund die Blockade rechtswidrig ist und nicht rechtmäßig aufrecht erhalten werden kann. ... Daraus folgt unmittelbar: Grundsätzlich sind die Aktionen der israelischen Streitkräfte auf Hoher See unter den gegebenen Umständen und aus den angegebenen Gründen eindeutig rechtswidrig.“

"Das Verhalten des israelischen Militärs und anderer Personen gegenüber den Passagieren der Flottille war nicht nur unter den gegebenen Umständen unverhältnismäßig, sondern zeigte auch ein Übermaß an vollkommen unnötiger und unglaublicher Gewalt. Es bewies einen unannehmbaren Grad an Brutalität. Ein solches Verhalten kann nicht aus Sicherheits- oder irgendwelchen anderen Gründen gerechtfertigt oder geduldet werden. Es stellte eine schwere Verletzung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts dar."
"Alle Passagiere, die sich an Bord der zur Flottille gehörenden Schiffe befanden und die vor der Kommission erschienen, beeindruckten deren Mitglieder als Personen, die aufrichtig dem humanistischen Geist verpflichtet und von einem tiefen und echten Bemühen um das Wohlergehen der Bewohner von Gaza getrieben sind." ... "Die Kommission ist nicht allein mit ihrer Feststellung, dass in Gaza eine beklagenswerte Situation herrscht. Sie wurde als "unhaltbar" definiert. Sie ist absolut unannehmbar und kann im 21. Jahrhundert nicht geduldet werden."

... "Die Kommission hofft sehr, dass denen, die als Folge der gesetzwidrigen Handlungen der israelischen Armee Verluste erlitten haben, keine Hindernisse in den Weg gelegt werden und sie angemessen und rasch entschädigt werden. ... Dies wird dazu beitragen, den bedauerlichen Ruf zu verbessern, den dieses Land hinsichtlich Straflosigkeit und Unnachgiebigkeit in internationalen Angelegenheiten hat." - Es lohnt sich, den vollständigen Bericht zu erwerben und zu lesen.

Der Völkerrechtler Prof. Norman Paech zur israelischen Politik: "Das offizielle Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung wird gleichzeitig untergraben und torpediert durch die mal offene, mal verdeckte Fortsetzung des Landraubs durch Siedlungsbau in der Westbank und ethnische Säuberung in Ostjerusalem."

"Gerechtigkeit ist unteilbar. Ungerechtigkeit, ganz gleich wo, bedroht die Freiheit überall." sagte der amerikanische Pfarrer Martin Luther King, der sich für den gewaltlosen Widerstand gegen die brutale Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung einsetzte. Nach seiner Ermordung im Jahre 1968 sagte seine Frau: "Er wusste, diese Gesellschaft ist krank, völlig verseucht von Rassismus und Gewalt. Sie stellte seine Integrität in Frage, verleumdete seine Motive und seine Sichtweise, was dann zu seinem Tod führte. Er hat mit aller Macht dafür gekämpft, diese Gesellschaft vor sich selbst zu retten." - Erinnert das nicht an die israelischen Menschenrechtsaktivisten, sowie an die Amerikanerin Rachel Corrie und den Engländer Tom Hurdal, die sich vollkommen gewaltlos für bedrohte Palästinenser eingesetzt hatten? Rachel Corrie wurde von einem israelischen Bulldozer zerquetscht, als sie die Zerstörung eines palästinensischen Hauses verhindern wollte und Tom Hurdal von einem israelischen Scharfschützen durch einen Kopfschuss ermordet, als er palästinensische Kinder begleitete.

"Die Amerikaner und Europäer wollen Demokratie für Ägypten, aber eine Demokratie, die nett ist: proamerikanisch, proeuropäisch. Das ist völlig unmöglich." - Der Kairoer Autor Khaled al-Khamissi, zitiert von Reiner Bernstein in der JZ März 2011)

"Amerika will überall Demokratie haben, nur stellt sich die Frage, was bedeutet für die Amerikaner Demokratie? Demokratie bedeutet, pro-amerikanisch zu sein." schrieb schon vor einiger Zeit ein türkischer Kommentator. (Quelle: "Terror als Vorwand" von Avi Primor)

Zusammenstellung der Zitate: S. Ullmann

Anlage 2:

Denis Goldberg nach der Entlassung aus der Gefangenschaft in Südafrika 1985
Quelle: das Buch von Denis Goldberg

Der Auftrag: Ein Leben für die Freiheit – Denis Goldberg in Israel

Mich schockierte in Israel die Blindheit gegenüber der Realität. Viele fortschrittliche Leute, die gegen die Apartheid waren, würden behaupten, in Israel gebe es keinen Rassismus  und  alle Menschen  würden  dort gleich behandelt. Natürlich wissen sie, dass ich kein Zionist bin, weil ich über jüdische Israelis und palästinensische Israelis reden würde, um ihrer nichtssagenden Verwendung des Wortes „israelisch“ entgegenzutreten, das nur jüdische Bürger bedeutet. Es gibt unzählige Gesetze, die die Palästinenser in ihrem eigenen Land zu Fremden macht. Ich wurde darum gebeten, über Apartheid in Südafrika zu sprechen, und es war verblüffend, dass einige  meiner Zuhörer aufgebracht waren, weil sie sagten, ich würde das israelische Leben , das Gesetz, die Trennung und rassistische Ideologie beschreiben, die in die Köpfe junger Leute eingepflanzt werden und zwar durch die tägliche  Erfahrung, aber auch durch ihre Schultexte, ihre religiösen Instruktionen, durch die Jugendgruppen usw. in ihrem Land, als ich wirklich nur unsere südafrikanische Erfahrung beschrieb. Ich habe den Verdacht, dass es solch eine Rede war, die  Tom Segev dahin brachte, einen Artikel zu schreiben, wie ich ihn oben beschrieb. Wie die Apartheid Südafrika, duldet das zionistische Israel keinen Widerspruch.  General Dayan sagte, dass es keine jüdische Siedlung gibt, die nicht über einer palästinensischen Siedlung liegt, die vernichtet wurde. General Sharon, ein genau so brutaler General, gab  später zu, dass das Bauen von Siedlungen jenseits der international anerkannten Grenzen in Wirklichkeit militärische Besatzung sei. Als eine Sache praktischer Politik akzeptiere ich die Idee der Zwei-Staatenlösung, die vom UN-Sicherheitsrat schon 1948 entschieden wurde.  Dass die säkulare PLO so lange brauchte, diese Basis zu akzeptieren, ändert nicht die  internationale Legitimität dieser Herangehensweise.

Meiner Ansicht nach ist es unmöglich, Frieden in einer theokratischen oder von Geistlichen/Rabbinern geleiteten Gesellschaft zu erreichen.  Genau wie ich die quasi religiöse Basis eines exklusiv zionistisch jüdischen Staates zurückweise, so weise ich auch die quasi religiöse Basis eines islamischen Staates zurück. Einer der Gründe für die Erfolglosigkeit der säkularen PLO ist , dass die feudalen Ölstaaten des Nahen Ostens eher ein zionistisches Israel als Opponenten und Kollaborateur haben wollen als einen säkularen palästinensischen Staat. Palästinenser sind die Verwalter und Arbeits- wie Facharbeiterkräfte des Nahen Ostens. Als Ausländer oder Glaubensgenossen haben sie in den Ländern, in denen sie sich befinden, keine politischen Rechte. Mit einem vermutlich säkularen Staat im Rücken würden die feudalen Herrscher sich selbst von einer Revolution bedroht fühlen, die von einer zivilen Gesellschaft angeführt wird, und einer Forderung für ein soziales, demokratisch politisches System.

Bemerkungen für zukünftige Gespräche über Palästina und Israel
( aus dem Buch von Denis Goldberg: „Der Auftrag – ein Leben für Freiheit in Südafrika“ ( S. 403f)


Unsere Welt ist ein gefährlicher Ort – kein Konflikt ist bedeutender als die Forderung nach Freiheit unserer palästinensischen Brüder und Schwestern. Wir, in Südafrika, wissen, was rassistische Unterdrückung bedeutet. Wir bekämpften sie, und wir besiegten sie, weil sie unrecht war. Wir bekämpften sie, um frei zu sein und unser Land aufzubauen.
Die Welt verurteilte die Apartheid, und die internationale Anti-Apartheid-Kampagne war ein wichtiger Teil unseres Kampfes. Sie half das Apartheidregime politisch, wirtschaftlich, diplomatisch, sozial und militärisch zu isolieren. Die Auswirkungen waren überall.

Die Verurteilung der Apartheid war natürlich auf die Leugnung der Menschenrechte und  -Würde der Massen unseres Volkes gegründet. Die Gewalt der Apartheid wurde verurteilt z.B.  die Militärbesatzung unserer Townships, das Schießen und die Massaker, die im Fernsehen gezeigt wurden, schockierten die Menschen überall. Menschen, ganz gewöhnliche Leute, zwangen ihre Regierungen, gegen die Apartheid vorzugehen.

Die Gewalt des Apartheidregimes in SA war nichts im Vergleich mit der totalen Brutalität der israelischen Besatzung Palästinas. Ich meine das ganze Palästina, aus dem die palästinensischen Araber vertrieben wurden. Die größte Gewalt wird in den besetzten Gebieten der Westbank und im Gazastreifen gesehen.

Wir, in SA, sahen keine Panzer, die aus allen  Rohren feuerten, um gepanzerte Bulldozer zu schützen. Noch sahen wir gepanzerte Helikopter, die Häuser zerstörten und Kinder, ja ganze Familien mit großer Präzision umbrachten.

Wir, in SA, sahen nicht, wie durch Bombardements ganze Stadtzentren zerstört wurden. Wir sahen die Brutalisierung unseres ganzen Volkes. Nicht nur die Unterdrückten wurden brutal behandelt; wir sahen, wie unsere jungen weißen Soldaten und Polizisten und jene schwarzen Soldaten und Polizisten brutaler wurden, um als Unterdrücker zu dienen . Dieser Schmerz und dieses Leid muss überwunden werden.

Wir sehen dieselbe Brutalisierung von ganzen Generationen palästinensischer Araber. Das Leid, wenn man daran gehindert wird , zum Arzt zu gehen, wenn Ambulanzen festgehalten werden, wenn Frauen gezwungen werden, am Checkpoint zu gebären. Wir sehen dieselbe Brutalisierung von Generationen junger israelischer Soldaten, die dazu aufgerufen werden, ein Volk und eine Gesellschaft zu vernichten. Checkpoints und Zäune kennen wir von der Bantustanisierung unseres Landes mit künstlichen Grenzen und mit Wanderarbeitern.

Der Group Areas Act, (ein Gesetz nur für Schwarze) der bestimmte, wo die Menschen wohnen konnten.  ….
….
Ich muss ein wenig abschweifen, um über die Apartheid zu reden.
Ja, es ist ein System der rassistischen Unterdrückung. Aber warum? Es ist komplizierter als „einfacher“ Rassenhass.
Es war ein System wirtschaftlicher Ausnützung – keine Rechte macht niedrige Löhne.
Jede Berufsschule lehrt, was jeder Geschäftsmann weiß: niedrige Löhne macht großen Profit.
Apartheid war ein System sozialer Trennung, Arbeitsgesetze zur Ausbeutung und Kontrolle – ist ein wirtschaftliches System. „Legale“ Kontrolle von Leuten aus rassistischen Gründen.
Dies alles  wird von einer Ideologie der rassistischen Überlegenheit getragen, um die Ungleichheit des Systems zu erklären.

Wir Südafrikaner erkennen alle diese  Kennzeichen in der israelischen Unterdrückung der Palästinenser wieder.
Wir kennen aus der eigenen Geschichte, dass der friedliche Widerstand die besetzende Macht dahin bringt, immer mehr Gewalt anzuwenden. Der Unterdrückte beginnt zu sagen – wie in Südafrika, dass sie Waffen nehmen sollen, um sich selbst zu verteidigen.
An diesem Punkt wird das terrorisierte unterdrückte Volk plötzlich noch mehr als „Terrorist“ dämonisiert.

An diesem Punkt muss die Welt helfen, eine politische Lösung zu finden, bevor man die Brutalisierung und den Genozid eines ganzen Volkes ohne unseren Protest geschehen lässt.

Egal wie die Proteste des israelischen Staates sind, seine Politik ist immer die der Vertreibung des ganzen palästinensischen Volkes  aus dem Staat gewesen. Die Grenzen des Staates haben sich ständig erweitert, bis schließlich nominell nur noch 22% des Landes für die Palästinenser übrig geblieben sind.

Wir wissen, dass es noch  über eine Million palästinensischer Araber in Israel gibt – aber ihnen werden viele Bürgerrechte nicht zugestanden. Sie dürfen kein Land oder Besitz erwerben. Wo werden ihre Kinder leben, wenn sie erwachsen sind und ihre eigenen Familien gründen? Südafrika tat dasselbe nach ihrem Group Areas Act (einem Gesetz nur für die Schwarzen).

Dies ist Landraub großen Stils. Es wird von Unwahrheiten begleitet:
„Die Palästinenser verließen ihr Land und gaben es tatsächlich Israel“ sagt ein Statement, das einfach die Massaker und das bewusste Zerstören der Dörfer ignoriert.
Bekanntlich sagte der General Dayan, dass es kein israelisches Dorf oder keine israelische  Siedlung gibt, die nicht auf einem arabischen Dorf gebaut wurde, das von bewaffneten Kräften Israels zerstört wurde.
Wir fügen hinzu, dass ihre Namen absichtlich aus den Landkarten gelöscht wurden, genau wie ihre Menschen. Und dieser Landraub setzt sich bis heute fort.

Die Palästinenser sind bemerkenswert großzügig: sie sind zufrieden mit den 22% ihres eigenen Landes in der Westbank und im Gazastreifen als Basis für ihren unabhängigen Staat, der sich auf  UN-Resolutionen gründet, die auch die einzige legale Rechtfertigung für den Staat Israel sind.

Doch Israelis siedeln auf den Hügelkuppen und verteidigen dann das neu gestohlene Land mit enormer Militärkraft. Jeder Palästinenser, der sein Land zurück haben will, sollte eigentlich die Unterstützung des israelischen Gerichtes haben und des ICJ (?),  ist aber  natürlich ein „Terrorist“.

Die totale Demütigung des palästinensischen Volkes durch die Beherrschung ihres Landes durch illegale Siedler, die das Land stehlen und besetzen, ist real und aufwieglerisch. Der Diebstahl des Landes  hat sogar sehr ernste wirtschaftliche Konsequenzen.
In solch einem wasserarmen Gebiet ist Land ohne Wasser nutzlos. Die Israelis haben 90% (!!)  des Jordanwassers  für ihre Wirtschaft gestohlen und so die palästinensisch-arabische Wirtschaft in diesem Prozess zerstört.  ( Und 80% aus den Aquifers unter der Westbank ER)
Über 70 000 Olivenbäume, viele davon sind Hunderte Jahre alt, sind von den Israelis zerstört worden.

Sie sagen ‚aus Sicherheitsgründen’: werden apartheidähnliche Stacheldrahtzäune und Militärstraßen gebaut – in Wirklichkeit aber, um die arabische Wirtschaft zu zerstören.
Bäume benötigen Wasser.

Gleichzeitig pflanzt Israel mit  Hilfe des jüdischen Nationalfond (JNF), der von Zionisten in aller Welt unterstützt wird, neue Wälder, schafft neue Seen für Freizeitaktivitäten und Wassersport. Man vergisst leicht, dass dies auf gestohlenem Land errichtet wird und auf Kosten von Leben ungezählter palästinensischer Menschen geschieht.

Die Israelis behaupten, sie seien von Gott auserwählt und finden eine biblische Rechtfertigung für ihren Rassismus, ähnlich den weißen Afrikanern der Apartheid Südafrikas.
Die Briten benötigten solchen Glauben nicht; sie  beanspruchten ein pseudo-wissenschaftliches Darwinisches „Überleben der Stärksten“ als Rechtfertigung für ihre Kolonisierung.
Die wirtschaftliche Macht war das Mittel, und die Ratio war die militärische Macht.

Wir verlangen, dass gehandelt wird: 
Uns half man durch die anti-Apartheid-Bewegungen, um Süd-Afrika zu isolieren.
Unterstützt den Aufruf für wirtschaftliche Sanktionen und alle in Israel hergestellten Waren .
Wir rufen zu einem Embargo aller sportlichen und kulturellen Kontakte auf.

Wir fordern den unmittelbaren und bedingungslosen Rückzug Israels aus allen besetzten Gebieten der Westbank und des Gazastreifens. Wir fordern, dass Israel in guter Absicht mit den anerkannten Führern des palästinensischen Volkes verhandelt, und wir verlangen, dass sie mit ihrem Anspruch aufhören, zu entscheiden, wer diese Vertreter sein sollen.
(Denn einige der größten Staatsterroristen der Welt beanspruchen das Recht, zu entscheiden, mit wem sie verhandeln. Das ist unerträglich)

Israel muss anerkennen, dass die Gewaltanwendung zur Unterdrückung eines Volkes einfach mehr Gewalt hervorruft.

Deshalb sagen wir:
Raus aus der Westbank und dem Gazastreifen.
Schluss JETZT mit der Besatzung der Westbank und des Gazastreifens.

(dt. Ellen Rohlfs)

Anlage 3:

„Kämpfer für den Frieden“: Idan Barir   http://cfpeace.org/?cat=6&story_id=970

Als Kind wusste ich genau, was Patriotismus ist. Ich wuchs mit Bildern des glorreichen Kampfes von 1967 auf und wünschte mir, einer der großen Helden Israels zu sein, der damals die Altstadt von Jerusalem betrat.
1999 – ein Jahr nachdem ich zum Militärdienst musste, wurde ich zum 1. Mal in die besetzten Gebiete, nördlich von Nablus gesandt. Es war dort sehr ruhig und wir sahen nirgendwo Aktionen. Das nächste Mal jedoch war es anders. Die zweite Intifada war gerade ausgebrochen und wir wurden in ein  unruhiges Gebiet nahe Jenin geschickt. Unsere Basis war eine fast verlassene Siedlung, Kadim, in der gerade noch 8 Familien geblieben waren. Wenn man von dieser Hügelkuppe nach unten in die Stadt Jenin ging, war es, als ob  man vom Himmel in die Hölle kam.
Es war eine völlig verrückte Zeit. Bewaffnet mussten wir hinter Jungen mit Steinen  durch Gewächshäuser  voller Tomaten und Auberginenpflanzen herjagen. Uns war eingeprägt worden, zu glauben, dass jeder Palästinenser eine Bedrohung ist. In der 5. Woche, nachdem alle palästinensischen Gewächshäuser unter unsern Füßen zerstört waren, baute das Militär Gräben – wo einst Tomaten und Auberginen gediehen.
Im April 2000 wurden wir nach Hebron in eine sehr religiöse Siedlung verlegt, wo jeder Mann eine Kippa auf dem Kopf trug und lange Schläfenlocken hatte. Eines der Fiaskos der israelischen Besatzung war Kalebs Garten. Er war ein Siedler, der  mitten in einer kleinen palästinensischen Stadt Weinstöcke pflegte. Er kam um 6 Uhr morgens in seinen Garten und verließ ihn bei Sonnenuntergang. Und  zehn von uns mussten ihn rund um die Uhr bewachen.
Es war bei einer der Nachtschichten dort, dass ich Angst bekam und darüber nachzudenken begann: ist das nicht lächerlich und überflüssig. Das Leben von zehn Leuten wird in Gefahr gebracht, weil ein Idiot hier Weinstöcke pflegt.

Als ich meinen Armeedienst beendet hatte, kam ich zu einer Reserve-Einheit und 2006 wurden wir wieder nach Jenin beordert. Unser Einsatzort war ein Kontrollpunkt auf einem kleinen Hügel, der von hohen Zementwällen umgeben war. Wir sollten nächtliche Überfälle machen und Tränengas abfeuern - nur so zum Spaß. Für einige war es Spaß, aber für mich hatte dies keinen Sinn. Später wurde ich nach Kalkilia geschickt, um an einem landwirtschaftlichen Kontrollpunkt Dienst zu machen. Jeden Morgen hatten wir einen Appell  auf einem großen Vordach . Mein Kommandeur zeigte über das Land und versuchte, uns glauben zu machen, dass dies das Land sei, das wir verteidigen sollten. Sie mussten uns ja einen Grund angeben. Er sagte uns, dass wir vielen Gefahren während unseres Dienstes ausgesetzt sind, einschließlich Messerattacken und Schüssen. Die größte Gefahr aber seien  die Machsom Watch Frauen – eine Gruppe israelischer Frauen, die ruhig neben den Kontrollpunkten stünden aus Protest gegen die israelische Besatzung. Mein vorgesetzter Offizier sagte: „Wenn dich ein Palästinenser bedroht, dann kann man ihm einfach in den Kopf schießen, aber leider kannst du eine Machsom Watch Frau nicht  einfach erschießen.

Genau an diesem Tag kam eine der Machsom Watch Frauen an meinen Checkpoint und  ich begann mit einer sehr netten grauhaarigen Dame, die mich an meine Großmutter erinnerte, ein Gespräch. Ich konnte ihr nicht bei allem zustimmen, aber ich war stolz, dass sie dort war.

Einige Monate später reiste ich in Deutschland und traf dort einen Palästinenser aus Ramallah, der als Kellner arbeitete. Er hieß Ahmed. Er erzählte mir eine schreckliche Geschichte, wie er von israelischen Sicherheitsleuten verhaftet wurde und 10 Tage lang an einem geheimen Ort festgehalten wurde. Der Verhörende  steckte ihn in einen Sarg, der halb mit Wassergefüllt war und ließ ihn  sechs Tage lang darin . Er sagte, am ersten Tag glaubte er, sie könnten ihn nicht brechen, am 2. Tag kotete er sich ein und urinierte über sich, und seine Füße begannen zu erfrieren. Am 3. Tag schrie er , am 4. Tag bettelte er um sein Leben und versprach, alles zu sagen, was sie wollten. Er war sehr wütend auf die Israelis, und er sagte mir, zu einem anderen Zeitpunkt und an einem anderen Ort hätte er mich umgebracht.

Was mich schließlich zu der Überzeugung brachte, dass es mit Gewalt keine Lösung des Konfliktes gibt, waren Bilder im Fernsehen, als die IDF den Gazastreifen mit weißem Phosphor überschüttete. Während des Training wurde uns immer gesagt, dass es gegen die Genfer Conventionen sei, Phosphor anzuwenden. Aber ich sah hier wie Tag für Tag diese Phosphor-Bomben benützt wurden, und dann  am Abend hörte, wie das Militär  dies leugnete. Das war der Anfang für ein neues Denken. Ich schrieb an meinen Kommandeur und sagte ihm, dass ich nicht weiter gewillt bin, bei irgendwelchem Kampf in den besetzten Gebieten teilzunehmen.
Als Israeli schäme ich mich, dass unsere Armee solche Lügen verbreitet. Auch schämte ich mich über das, was mir Ahmed erzählte. Wenn ich die Chance  hätte, ihm noch einmal zu begegnen, würde ich ihm das sagen. „Ich will mit euch euren Kampf kämpfen. Aber ich möchte euch davon überzeugen, dass Rache kein Weg nach vorne ist. Es geht mir nicht ums Vergeben jener, die ich verletzt habe, weil ich weiß, dass ich das nicht verlangen kann. Ich habe auch das Gefühl, dass ich  mir selbst nicht vergeben kann und ich mich nicht von der Schuld oder großen Scham befreien kann. Vergebung sollte etwas Praktisches sein, das beiden Seiten dient und hilft. Wenn wir dies in etwas Konstruktives verwandeln können, dann ist das Vergebung.

(dt. Ellen Rohlfs)

Anlage 4:

Erklärung Jüdischer Aktivisten und Organisationen, die sich für BDS gegen Israel einsetzen

Eine jüdische Erwiderung auf die Erklärung der jüdischen zionistischen Organisationen vom Februar 2011 zur Boycott, Divestment and Sanction (BDS) Bewegung (http://www.ijsn.net/home/)


Weil akademischer, kultureller und ökonomischer Boykott, Des-Investitionen und Sanktionen gegen Israel:

• von der palästinensischen Zivilgesellschaft als Antwort auf die Besetzung und Kolonisierung
ihres Landes eingefordert werden,

• ein moralisches Mittel der gewaltlosen, friedfertigen Erwiderung auf mehr als sechzig Jahren
israelischen Kolonialismus sind und

• geeignet sind, israelische Institutionen (sowie ihre Verbündeten und Partner) zu Recht zur
Rechenschaft zu ziehen, die geschäftliche, kulturelle und akademische Beziehungen
missbrauchen, um Israel von der Verantwortung für fortwährende Verbrechen gegen die
Menschlichkeit reinzuwaschen


Die unterzeichnenden Organisationen und Individuen halten solange an ihrer Unterstützung von BDS-Initiativen gegen Israel fest, bis es seinen Verpflichtungen nachkommt, das unverzichtbare Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung anzuerkennen und dem Völkerrecht vollständig zu entsprechen.

BDS ist nicht antisemitisch. Wir weisen die Auffassung zurück, dass der BDS

Aufruf Palästinas im Jahre 2005 und die ausgehend von diesem entfaltete weltweite BDS-Kampagne in anti-jüdischen Ressentiments wurzelt. Im Gegenteil, BDS ist eine anti-rassistische Bewegung gegen die tägliche brutale Besatzung Palästinas und die militärische Bedrohung der Region durch den Staat Israel. Seine Fehldeutungen als Antisemitismus verzerren den wahren Charakter des palästinensischen Kampfes und sind zugleich eine Verunglimpfung und Verrat an der langen Geschichte des jüdischen Überlebens und Widerstands gegen Verfolgungen.

BDS ist nicht anti-demokratisch. Wir weisen ebenso die Behauptung zurück,

dass kulturelle und akademische Boykottaktionen gegen Israel dem demokratischen Prinzip der Redefreiheit entgegenstehen. Forschung und Entwicklung in akademischen Institutionen spielen eine zentrale Rolle für die Ausrüstung und Verteidigung der israelischen Militär- und Geheimdienstmaschinerie. Kulturelle Institutionen tragen zur Aufrechterhaltung des Schwindels von der israelischen Demokratie bei.

Wer die Redefreiheit derer verteidigt, die Gerechtigkeit mit Füßen treten und demgegenüber diejenigen dämonisiert, die für sie kämpfen, erweist der wahren Demokratie einen Bärendienst.

Durch Boykott, Des-Investitionen und Sanktionen bekunden wir als Zivilgesellschaft unsere Entschlossenheit, nicht zur Erhaltung eines israelischen Staats beizutragen, der schreckliche Taten gegen Menschenleben und menschliches Wohlergehen zu verantworten hat. Attacken gegen die BDS-Kampagne werden uns nicht davon abhalten, Stellung gegen die Straflosigkeit Israels zu beziehen.

2

Für die jüdischen Organisationen, die den vorliegenden Brief unterzeichnen,

schließt Selbstbestimmung für Juden das Recht ein, in Palästina an der Bewegung für Gerechtigkeit teilzunehmen und in der Welt mit unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnen in Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung zu leben. Demgegenüber schließt Selbstbestimmung für Juden nicht ein, andere Völker zu beherrschen und zu kolonisieren und ebenso wenig getrennt von unseren Mitmenschen in einem Staat zu leben, der Juden

BDS war eine zentrale Strategie, um international den Druck zur Beendigung des

Apartheidregimes des weißen Südafrikas herzustellen. Im Bestreben Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit für jeden Menschen verwirklicht zu sehen, erheben wir als Juden, die sich dem BDS und der palästinensischen Befreiung verschrieben haben, unsere

Wir laden Organisationen und Individuen ein, mit uns den falschen Vorwurf des Antisemitismus zu verurteilen, der in der Absicht erhoben wird, unser gemeinsames anti-rassistisches Handeln gegen die israelische Apartheit zu diskreditieren.

• International Jewish Anti-Zionist Network

• Not In Our Name (Argentina)

• Jewish Voice for a Just Peace in Middle East (EJJP, Germany)

• Not in Our Name: Jews Opposing Zionism (Canada)

• Jews for a Just Peace (Fredericton, Canada)

• Independent Jewish Voice (Canada)

• Middle East Children’s Alliance (USA)

• Critical Jewish Voice (Austria)

• Women in Black (Austria) / • Sonia Fayman, IJAN France & UJFP

• French Jewish Union for Peace (UJFP)

• Bay Area Women in Black (USA)

• St. Louis Women in Black (USA)

• Philadelphia Jews for a Just Peace (USA)

• American Jews for a Just Peace (USA)

• Ronnie Kasrils, former South African government minister, writer, founder Not In My Name,
South Africa

• Antony Loewenstein, Independent Australian Jewish Voices

• Peter Slezak, Independent Australian Jewish Voices

• Moshé Machover, Professor (emeritus) (UK), founder Matzpen

• Felicia Langer, Israeli lawyer, author, Right Livelihood Award (Alternative Nobel Prize) 1990,
Bruno Kreisky Prize 1991

• Mieciu Langer, Nazi Holocaust survivor

• Hedy Epstein, Nazi Holocaust survivor

• Hajo G. Meyer PhD, Nazi Holocaust survivor

• Kamal Chenoy, IJAN India

• Paola Canarutto & Giorgio Forti, Rete ECO, Italy• Liliane Cordova Kaczerginski, IJAN France