Religiöse Fanatiker auf beiden Seiten

von Siegfried Ullmann

Leider gibt es im Nahen Osten nicht nur radikale Islamisten, sondern auch radikale nationalistisch-orthodoxe Juden. Dabei zeigt sich, dass deren Religionen durchaus Gemeinsamkeiten haben. Dem islamischen Todesurteil durch eine Fatwa (Rechtsgutachten) entspricht in gewisser Hinsicht der jüdische Fluch pulsa demura. Beide sollen den Tod der betroffenen Personen bewirken. So hatte eine Gruppe von Rabbinern den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Itzak Rabin mit diesem Fluch belegt. Rabin wurde daraufhin ermordet. Und nach dem Mord an einem Palästinenser in Dubai (offensichtlich durch den israelischen Geheimdienst Mossad),  sagte der israelische Likud-Abgeordnete Karmel Schama im Februar 2010, dass dies eine „Mizva“, eine religiöse Pflicht gewesen sei.

Auch im täglichen Leben gibt es Parallelen. Die Frauen orthodoxer Juden verstecken ihr Haar unter einer Perücke und dürfen von keinem fremden Mann berührt werden, ihm also auch nicht die Hand geben. Es gibt sogar eine Gruppe von etwa 300 besonders radikalen Frauen, die sich bis auf die Augen verschleiern und die von liberalen Rabbinern „Taliban-Muttis“ genannt werden. In den orthodoxen Synagogen sowie an der Klagemauer gibt es streng getrennte Bereiche für Männer und Frauen. Im Autobus sitzen Männer vorne und Frauen hinten. Im orthodoxen Viertel von Jerusalem gibt es sogar getrennte Gehwege für Männer und Frauen. Wenn säkulare Frauen sich in dieses Viertel begeben und die strengen Bekleidungsvorschriften der dortigen Orthodoxen nicht beachten, laufen sie Gefahr, von einer Art Religionspolizei beschimpft und bespuckt zu werden. Die Frauen werden bespuckt, weil es den Männern nicht erlaubt ist, eine fremde Frau zu berühren. (Quelle: Ulrike Pütz am 31.10.2011 in Spiegel-Online)

Außerhalb Palästinas sind es vor allem die saudi-arabischen Salafisten und Wahabiten, die weltweit einen sunnitisch-fundamentalistischen Islam durchsetzen wollen. Auch in Deutschland üben sie unter den moslemischen Bürgern einen zunehmenden Einfluß aus. Bezeichnend ist, dass die Mehrzahl der Attentäter des 11. September 2001 Saudis waren. Aber so lange das anachronistische, saudische Regime ein treuer Verbündeter des Westens bleibt, wird aus real politischen Gründen die von ihm verbreitete Ideologie weitgehend ausgeklammert. Vorherrschende Feindbilder sind der schiitische Iran und die sunnitische Hamas.

Die Hamas verfolgt das Ziel, in Palästina einen auf dem Koran basierenden „Gottesstaat“ durchzusetzen. Sie lehnt also die säkulare Ausrichtung der PLO ab. In ähnlicher Weise gibt es in Israel die fundamentalistisch-orthodoxen Juden, die einen jüdischen Staat auf der Grundlage der Halacha (gesetzlich normativer Teil des Talmud) mit ihren über 600 Geboten und Verboten, also einen jüdisch-orthodoxen „Gottesstaat“ anstreben. Deren Vertreter findet man vor allem bei den Siedlern. Die israelische Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahre 1948 hatte die Schaffung einer Verfassung vorgesehen. Hierzu ist es aber nie gekommen, weil die ultraorthodoxen Juden nur die Thora, also die jüdische Bibel anerkennen und keine weltliche Verfassung gelten lassen wollen. Daher fehlen in Israel wesentliche Rechtsgrundlagen, insbesondere für die Bürgerrechte. Es wird sogar gefordert, im Laufe der Jahre die geltenden Gesetze durch die jüdischen religiösen Gesetze (Halacha) zu ersetzen, was der Einführung der Scharia in islamischen Staaten entsprechen würde.

Ein wesentlicher Auslöser der Konflikte mit den Palästinensern sind die nationalistischen und ultraorthodoxen Israelis, die sich auf ihre religiösen Schriften, also das Alte Testament berufen und alle, - die nach ihrer Überzeugung - dem jüdischen Volk von Gott gegebenen Gebiete, also auch das eroberte Westjordanland, für immer und ewig beanspruchen. Ihre Parteien haben großen politischen Einfluss und sind ein wesentlicher Faktor für die Siedlungspolitik der israelischen Regierung, also für die ständige Enteignung und Terrorisierung des palästinensischen Volkes. Damit sind sie ein unversöhnlicher Gegner jeglicher Friedensregelungen, die mit der Rückgabe der besetzten Gebiete verbunden sind. Es gibt also auch in Israel religiöse einflussreiche Fanatiker. Hierzu schrieb Avi Primor, der von 1993 bis 1999 Botschafter des israelischen Staates in Deutschland war, in seinem Buch "Terror als Vorwand": "Diese Menschen offenbaren der Öffentlichkeit diesen echten Glauben aber nicht, und ganz sicher nicht dem Ausland. Sie werden ihren Kampf immer mit ihrem Sicherheitsbedürfnis begründen und den Terror als Vorwand benutzen."

Unterstützt werden die religiös motivierten israelischen Nationalisten von den amerikanischen Christfundamentalisten, wie von Primor beschrieben: „Sprecher der protestantischen Fundamentalisten in Amerika lehnen jegliche territoriale Zugeständnisse zugunsten der Palästinenser völlig ab: Das ganze Land gehört nur den Juden. Sie dürfen darauf keineswegs verzichten, denn das würde den Verzicht auf eine göttliche Verheißung, also ein Sakrileg bedeuten." Die Wählerstimmen dieser christlichen Fundamentalisten, die ein ansonsten bushfreundlicher amerikanischer Journalist als bigott und "unsere Taliban" bezeichnete, waren für George W. Bush schon bei den letzten Wahlen außerordentlich wichtig. Dies erklärt die Haltung der damaligen Bush-Regierung zur Palästinafrage und die bedingungslose Unterstützung Israels.

Der christliche Zionismus hat aber auch in Deutschland seine Anhänger, wie in der Zeitschrift „Im Lande der Bibel“ Nr. 2 / 2007 des Jerusalemvereins eingehend beschrieben wird. Demnach handelt es sich in erster Linie um evangelikal-fundamentalistische Christen. Nach deren Überzeugung ist die Rückkehr aller Juden – des Volkes Israel – in das Land Israel zu fördern. Dieses Land - in der Regel maximalistisch von Ägypten bis zum Euphrat, also bis nach Syrien hinein gedacht – gehört dann allein und uneingeschränkt den Juden. Kompromisslösungen Israels mit den Arabern – Christen wie Muslimen - sind nach Auffassung der christlichen Zionisten strikt abzulehnen, gelten sogar als „Teufelswerk“. Eine Friedensregelung mit einer Zweistaatenlösung wird somit ebenfalls kategorisch abgelehnt. Schon der Rückzug aus dem Gazastreifen wurde als Verrat am göttlichen Welt- und Heilsplan heftig bekämpft. Ludwig Schneider, der die christlich-evangelikalen „Nachrichten aus Israel“ verbreitete, sah sogar die Notwendigkeit eines weiteren Krieges zur Eroberung des Tempelplatzes und schrieb „Daher heißt dieser Krieg Heiliger Krieg“. Dieser Krieg soll auch zur Eroberung von zentralen Teilen des Libanon und Syriens einschließlich Damaskus führen.

Die vor allem amerikanische Unterstützung der israelischen Politik motiviert natürlich den weltweiten islamischen Terrorismus. Nach Avi Primor hatte schon der erste Golfkrieg bei den Arabern ein Gefühl der Demütigung ausgelöst und die Al-Quaida - Organisation Bin Ladens ins Leben gerufen. Am Vorabend des amerikanischen Angriffs auf den Irak warnte der prowestliche ägyptische Präsident Mubarak, dass dieser Krieg einhundert neue Bin Laden hervorbringen würde. Die schutz- und rechtlose Lage der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland sowie der Krieg gegen den Libanon tragen weiter zur Bedrohung der westlichen Länder durch terroristische Angriffe bei. Man muss sich einmal vorstellen, was Araber empfinden, wenn Israelis mit Autos herum fahren, auf denen Aufkleber mit "Gas the arabs" zum Vergasen der Araber auffordern. Oder wenn Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ein größeres Recht haben sollen, in Palästina zu leben, als die Palästinenser. Auch hier hat Primor Recht, wenn er schreibt: "Fanatismus ist keine Religion, sondern ein Ergebnis der Frustration. Wenn Menschen aussichts- und hoffnungslos sind und sich gedemütigt fühlen, dann folgen sie falschen Propheten." (Ähnliches ist auch in Deutschland geschehen, als nach dem ersten Weltkrieg den in Not und Elend lebenden Menschen jemand Arbeit und Brot versprach.)

Jede Religion kann für politische Zwecke missbraucht werden. Die Geschichte der westlichen Länder ist voll von Beispielen. Man denke nur an die Kreuzzüge, die Kolonialgeschichte und die Eroberung Süd- und Nordamerikas. Nach Primor ist der Islam grundsätzlich nicht mehr oder weniger gewalttätig als irgendeine andere Religion, sei es nun das Juden- oder Christentum. Passagen der Thora (der 5 Bücher Moses des Alten Testaments), der heiligsten Grundlage der jüdischen Religion, wie z.B. Mose / Deuteronomium 20,10 -17,1 sind durchaus geeignet, israelische Juden zu motivieren, mit den Palästinensern ähnlich zu verfahren, wie dort beschrieben, um das nach ihrem Glauben von Gott zugewiesene Land in Besitz zu nehmen.

Es ist durchaus möglich, dass orthodoxe Juden Deuteronomium Kap. 6, 10-11 als Rechtfertigung oder erneute Handlungsanweisung für einen weiteren „Heiligen Krieg“ verstehen: „Denn wenn der Herr, Euer Gott, Euch zum gelobten Land führt, das er Euren Ahnen Abraham, Isaak und Jakob versprochen hat, um Euch ein Land zu geben mit großen schönen Städten, die Ihr nicht gebaut habt, Häuser mit ausgewählten Dingen, die Ihr nicht gesammelt habt, Brunnen, die Ihr nicht ausgehoben habt, und Weinberge und Olivenhaine, die Ihr nicht angepflanzt habt – sollt Ihr Euch an der Fülle laben.“

Und im Psalm 136 heißt es am Schluss: „Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!“

Auch das Buch Josua, Kap. 1-12, ist voll von grausamen Anweisungen für die Eroberung des Landes einschließlich Völkermord. Des weiteren heißt es in 1. Samuel 15, 2-3: "So spricht der Herr der Heere: ... Zieh jetzt in den Kampf und schlag Amalek! Weihe alles, was ihm gehört, dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!" Der Theologe Gerd Lüdemann bezeichnet in seinem Buch „Das Unheilige in der Heiligen Schrift“ diese Darstellungen als die „Heiligen Kriege“ des Judentums. Andere Texte sind noch viel brutaler und drastischer. Man findet also nicht nur im Koran Rechtfertigungen für brutale Gewalt im Namen des gleichen Gottes.

Von rechtsradikalen Israelis werden die Palästinenser sogar als Amalek bezeichnet! Dies kann man z.B. in "Die Irren von Zion" von dem jüdischen Schriftsteller H.M. Broder nachlesen. Die von Broder mit viel Ironie beschriebenen Fanatiker aller Schattierungen sind aber auch ein Wählerpotential, welches einen zunehmenden Einfluss auf die Regierung gewonnen hat. Leider kann man ebenfalls einen Deutschen, nämlich Wolf Biermann, dem einstigen Verfechter eines humanen Kommunismus, diesen sogenannten "Irren" zurechnen, weil er die israelischen Rechtsradikalen und religiösen Fundamentalisten unterstützt. Auch Broder hat sich inzwischen den israelischen rechtsradikalen Nationalisten angeschlossen. Aber im Jahre 1999 schrieb er noch „Das ein Stamm nach 2000 Jahren Abwesenheit wieder Eigentumsrechte geltend macht, ist in der Tat ein einmaliger Vorgang. Würde er Schule machen, wären in der ganzen Welt nur noch Möbelwagen und Flüchtlingsströme unterwegs.“

Der israelische Historiker Shlomo Sand hat mit seinem Buch "Die Erfindung des jüdischen Volkes", grundlegende religiöse und historische Mythen in Frage gestellt. Nach Sand gibt es keinerlei Beweise dafür, dass alle Juden im Jahre 70 n. d. Z. von den Römern vertrieben und in alle Welt verstreut wurden. Vielmehr sei der größte Teil der damaligen jüdischen Bevölkerung auf ihrem Agrarland verblieben und später zum Islam konvertiert, so dass ein Teil der heutigen palästinensischen Bevölkerung jüdischen Ursprungs sei. Der größte Teil der jüdischen Bevölkerung außerhalb des Nahen Ostens sei durch den Übertritt zum Judentum ganzer Stämme im Jemen, in Nordafrika und Südrussland und die dortige Gründung jüdischer Königreiche entstanden. Die Geschichte von der Vertreibung der Juden durch die Römer sei ein christlicher Mythos, der Anfang des 3. Jahrhunderts n. d. Z. erschaffen wurde. Die Vertreibung soll die Strafe Gottes für die Zurückweisung und Kreuzigung des Jesus Christus gewesen sein. Aber nicht ein Volk habe sich ausgebreitet, sondern eine Religion. Somit gäbe es auch keine jüdische Rasse. "Es ist paradox: Wer noch vor dem zweiten Weltkrieg gesagt hat, alle Juden haben die gleiche Herkunft und sind blutsverwandt, der war ein Rassist und Antisemit. Wer heute das Gegenteil behauptet, wird auch als Antisemit bezeichnet.", sagt Sand. Es ist im übrigen offensichtlich, dass Juden aus orientalischen Staaten genau so aussehen, wie die andere Bevölkerung in diesen Ländern. Deshalb werden die orientalischen Juden in Israel von den Ashkenasi, als den Juden europäischen Ursprungs, stark diskriminiert.

Selbst Ben Gurion vertrat noch bis zum Jahre 1929 die Meinung, dass die arabischen Fellachen in Palästina die Nachkommen der Juden sind. Nach Sand sahen sich die Juden früher nicht als Volksgemeinschaft mit einer gemeinsamen Kultur, sondern als Religionsgemeinschaft mit sehr unterschiedlichen Gruppierungen. Erst vor gut 100 Jahren habe man den Mythos vom vertriebenen jüdischen Volk geschaffen, um ein Rückkehrrecht der Juden nach Palästina zu begründen. Außerdem gäbe es keine geschichtlichen Hinweise für den Aufenthalt der Juden in Ägypten und den Exodus unter Moses. Dies seien nur symbolische religiöse Mythen oder Allegorien, genauso wie die Legenden von David und Salomon.

Natürlich hat das Buch in Israel heftige Kontroversen hervorgerufen. Shlomo Sand, Professor an der Universität von Tel Aviv, erhält regelmäßig Drohbriefe und Anrufe. Auf der Straße wird er als Hitler, Nazi und Verräter beschimpft. Sicherlich können manche seiner Aussagen noch unter Historikern kontrovers diskutiert werden. Aber auf jeden Fall hat Sand wichtige Denkanstöße gegeben und die Fiktion von einem jüdische Volk und dessen Recht, nach rd. 2000 Jahren "in das Land ihrer Väter" zurückzukehren, widerlegt. (Siehe auch Jüdische Zeitung vom August 2008 im Internet-Archiv und "Der Löwe und die Gazelle" von Uri Avnery vom 16. 7. 2008 unter www.uri-avnery.de). Auch der Archäologe Israel Finkelstein hat in seinem Buch „Keine Posaunen vor Jericho“ dargelegt, daß es sich bei den biblischen Darstellungen um Mythen und nicht um reale geschichtliche Ereignisse handelt.

Interessant ist auch, was der israelische Journalist Uri Avnery am 17.12.2011 schrieb: „Wer sind die Palästinenser? Vor über 100 Jahren schrieben zwei junge Studenten in Istanbul, David Ben Gurion und Yitzhak Ben Zvi (zukünftiger Ministerpräsident und Präsident von Israel) eine Abhandlung über die Palästinenser. Die Bevölkerung dieses Landes hat sich nie verändert, sagten sie. Eine kleine Elite wurde manchmal deportiert. Die Städte und Dörfer sind geblieben, wie ihre Namen belegen. Die Kanaaniter wurden Israeliten, dann Juden und Samaritaner, dann christliche Byzantiner. Mit der arabischen Eroberung nahmen sie langsam die Religion des Islam und die arabische Sprache an. Dies sind die Palästinenser von heute. Ich neige dazu, ihnen zuzustimmen.“

Die radikal-zionistischen Siedler gewinnen immer mehr an Einfluss. Der israelische Justizminister Jaakov Neeman forderte am 07. Dezember 2009 „Die Gesetze der Thora sollten im Staat Israel die verbindlichen Gesetze sein.“, also die Umwandlung einer eingeschränkten Demokratie in einen Gottesstaat. - Ein kritischer junger Israeli, Mitglied von „Das Schweigen brechen“ befürchtet ein Ende der israelischen Demokratie: „In der Zukunft, für die diese Siedler kämpfen, gibt es keine Wahlen, kein Parlament und keine Palästinenser mehr.“ (Quelle: Berliner Zeitung vom 06. Januar 2010). Und in Jerusalem gehen orthodoxe Juden auch gegen Christen vor. Christliche Geistliche wurden bespuckt und Sprüche, wie „Christen raus“ an die Türen christlicher Klöster gesprüht, berichtete die FAZ am 22.02.2010.


Die größte Organisation weltweit ist die jüdisch-orthodoxe Bewegung Chabad Lubawitsch. Sie hat in Deutschland 14 Filialen und wird auch als jüdische Sekte bezeichnet, die jüdischen Fundamentalismus praktiziert und verbreitet. Sie ist konservativ-orthodox ausgerichtet und lehnt z.B. jegliche territoriale Zugeständnisse an die Palästinenser ab. Nach Meinung des jüdischen Publizisten Günther Bernd Ginzel hat die Kleidung der Lubawitscher - Hüte im italienischen Stil und dem polnischen Landadel abgeguckte lange Mäntel - nichts mit dem Judentum zu tun. An jüdischen Feiertagen treten die Lubawitscher manchmal mit einem siebenarmigen Leuchter im Straßenbild auf. Wenn sie dann auch noch tanzen, geschieht dies aber streng getrennt nach Männern und Frauen. Es erschwert sicherlich die Integration der aus den früheren Ostblockstaaten eingewanderten Juden, die in der Regel nichts vom religiösen Judentum wissen, wenn ihnen von den Lubawitschern deren extrem orthodoxes und frauenfeindliches Judentum vermittelt wird.

Eine geradezu rassistische Einstellung hatte der Rabbiner Menachim Schneersohn von Chabad-Lubawitsch: "Es ist eher so, dass wir unterscheiden zwischen total verschiedenen Arten (von Menschen). Deswegen ist es nötig, auch über den Körper zu reden. Der Körper einer jüdischen Person hat eine völlig andere Qualität als die eines Mitgliedes einer anderen Nation der Welt. Die ganze Realität eines Nicht-Juden ist immer nur Eitelkeit. Die ganze Schöpfung der Nicht-Juden besteht nur um der Juden willen ..." (zitiert in dem Buch "Jüdischer Fundamentalismus" von Prof. Israel Shahak)

So ähnlich äußerte sich sogar noch im Jahre 2010 ein anderer Rabbiner, dass religiöse Oberhaupt der an der israelischen Regierung beteiligten Shas-Partei, Rabbi Ovadia Yosef, gemäß Jerusalem Post vom 18. 10. 2010: "Die Goyim (Nichtjuden) sind nur geboren worden, um uns zu dienen. Ohne das haben sie keinen Platz in der Welt - nur um dem Volk Israel zu dienen. Mit Einheimischen wird es mit jeder anderen Person sein – sie müssen sterben, aber Gott wird ihnen Langlebigkeit geben. ... Dies ist sein Diener. Deshalb bekommt er ein langes Leben, um gut für die Juden zu arbeiten. Wozu sind die Einheimischen nötig? Sie werden arbeiten, sie werden pflügen, sie werden ernten. Wir werden wie ein Efendi/ein Herr dasitzen und essen. Deshalb wurden Einheimische geschaffen." Und am 28. 8. 2010 äußerte er bei seinem wöchentlichen Gebet: „Mögen all die Bösen, die Israel hassen, wie "Abu Masen" und alle Palästinenser, von unserer Welt verschwinden. Möge die Pest sie befallen." Ein andermal sagte er: "Ihr müßt Raketen auf sie abschießen, um sie (die Palästinenser) auszurotten."

Gemäß Jerusalem Post vom 19. Juni 1969 sagte der israelische Rabbiner Yitzak Ginsburg: "Jüdisches Blut und das Blut eines Nicht-Juden sind nicht dasselbe." Demnach sei für ihn Töten kein Mord, wenn das Opfer ein Einheimischer (Palästinenser) wäre.

Der Rabbiner Yakov Perm im Jahre 1994 nach dem Massaker an 29 betenden Palästinensern durch den jüdischen Arzt Dr. Baruch Goldstein: "Eine Million Araber sind nicht so viel wert wie ein jüdischer Fingernagel."

So ähnlich äußerte sich auch der Rabbiner Dov Lior, der bei der Armee als oberster Rabbiner diente und Leiter der Thora-Schule Shavei-Hevron in der radikal-jüdischen Siedlung Kiryat Arba, die als Brutstätte des jüdischen Terrorismus gilt, ist: „In Kriegszeiten gibt es keine Zivilisten ... eintausend nicht jüdische Leben sind nicht so viel wert, wie ein jüdischer Fingernagel.“

Gemäß Rabbi Yitzak Shapira in seinem 230 Seiten umfassenden Buch „The King’s Torah“, haben Nichtjuden von Natur aus kein Mitleid und sollten getötet werden, um ihre üblen Neigungen einzuschränken. „Wenn wir einen Einheimischen (Eingeborenen) töten, der eines der sieben Gebote übertreten hat, ... ist nichts Falsches dabei. ... Das Töten von Babys ist gerechtfertigt, wenn klar ist, dass sie als Erwachsene uns Leid antun. In solch einer Situation kann ihnen absichtlich Leid zugefügt werden, nicht nur während eines Kampfes mit Erwachsenen.“ Shapira führte die Yeshiva (Thora-Schule) der besonders radikalen Siedlung Yitzar, deren fanatische Mitglieder immer wieder über Palästinenser herfallen, ihre Ernten vernichten und ihre Haustiere töten. Trotzdem wurde dieses „Terrortrainingsinstitut“ von zwei israelischen Ministerien und amerikanischen Spendern großzügig finanziell gefördert. (Quelle: Max Blumenthal, Alternet, 30. August 2010)

Rabbi Kook der Ältere, Chef-Rabbiner in Palästina im Jahre 1920: „Der Talmud besagt ... , dass es zwei grundsätzliche Arten von Seelen gibt, eine nicht jüdische Seele kommt aus der satanischen Sphäre, während die jüdische Seele aus der Heiligkeit kommt." "Der Unterschied zwischen einer jüdischen Seele und einer nicht jüdischen Seele ... ist größer und tiefer als der Unterschied zwischen einer menschlichen Seele und der Seele von Vieh."

Der Rabbi Israel Hess äußerte: "Wir müssen alle Völkermord begehen, denn die Palästinenser sind die alten Amalekiter" (siehe weiter vorne).

Alle diese Aussagen sind in Israel vollkommen legal, da es kein Gesetz gegen Volksverhetzung gibt. Aber man muss sich einmal vorstellen, wenn iranische Mullahs oder ägyptische Islamisten Vergleichbares äußern würden. Wie würde unsere Presse darauf regieren? Und wie wirken solche Aussagen auf die Moslems innerhalb und außerhalb Palästinas? Und was sagen die Christen dazu, dass sie angeblich nur geschaffen wurden, um den Juden zu dienen.

Neuerdings wird orthodoxen israelischen Soldaten von ihren Rabbinern verboten, an Veranstaltungen oder militärischen Feiern teilzunehmen, bei denen weiblicher Gesang zu hören ist. "Die Stimme einer Frau ist ihr sexueller Teil" behauptet ein heiliger Text. Und ein prominenter Rabbiner hat verkündet, dass ein religiöser Soldat eher einem Exekutionskommando gegenüberstehen sollte, als einer singenden Frau zuhören. (Quelle: Uri Avnerys Kommentar vom 10. 11. 2011)

Zeigt sich im fundamentalistisch-orthodoxen Judentum nicht Vieles, das mindestens so intolerant rassistisch und frauenfeindlich ist, wie im fundamentalistischen schiitischen und sunnitischen Islam? Ist manches nicht sogar noch schlimmer, wenn zur Ausrottung eines Volkes aufgerufen wird? Was im militanten Islam die Ungläubigen sind, sind bei manchen Vertretern des „auserwählten Volkes“ die Gojim, also die Nichtjuden, von Gott nur geschaffen, um ihnen zu dienen.

Aber es gibt auch ein vollkommen anderes Judentum, so wie es von Martin Buber und Hannah Ahrendt vertreten und von Rolf Verleger in seinem sehr lesenswerten Buch „Israels Irrweg – Eine jüdische Sicht“, dargestellt wird. Und es gibt auch nicht nur den fundamentalistischen, militanten Islam wahabitischer und salafitischer Prägung.

Natürlich gibt es auch andere jüdische Israelis, als die bornierten jüdisch-religiösen Fanatiker. So lehnt zum Beispiel der Friedensaktivist Reuven Moskowitz das Gebet: "Gesegnet sei Gott, der mich nicht als Goj (Nichtjuden) schuf" ab. Zu Deutschland und den Deutschen schreibt er: "Ist es nicht langsam an der Zeit, dass deutsche Politiker ihren beschämenden Mangel an Zivilcourage aufgeben, der mit dem Satz "Was können wir Deutschen mit unserer Vergangenheit schon tun" verbrämt wird. ... Die bisherige Position Deutschlands unterstützt gerade die aggressiven Anteile der israelischen Politik. ... Diese Spätgeborenen regieren heute in Deutschland. Warum protestieren sie nicht gegen das Unrecht, das den Palästinensern geschieht? Warum bleiben sie befangen und gefangen in einem überholten Konzept, obwohl sie keiner Gefahr von Leib und Leben ausgesetzt sind? Wo bleibt die viel beschworene Zivilcourage, deren Mangel während des Nationalsozialismus so häufig kritisiert wurde und die auch in der aktuellen öffentlichen Debatte in Deutschland immer wieder eingefordert wird?

Israel Shahak, Professor für Biochemie in Jerusalem, 2001 verstorben, zeitweiliger Vorsitzender der Internationalen Liga für Menschenrechte, schrieb: "Rassismus, Diskriminierung und Xenophobie, von Juden ausgehend und mit religiösen Motiven unterlegt gegen Nichtjuden gerichtet, ist der Zwillingsbruder des Antisemitismus und seiner religiösen Motive. Während über die eine Rassismusvariante gesprochen werden kann, wird das Vorhandensein der anderen im allgemeinen ignoriert, und zwar weitaus häufiger außerhalb Israels als in Israel selbst."

Sehr interessante ergänzende Informationen finden Sie in Richard Chaim Schneiders Buch „Israel am Wendepunkt – Von der Demokratie zum Fundamentalismus“ aus dem Jahre 1998. Schneiders Befürchtungen haben sich leider bestätigt.

Ein anderer jüdischer Autor, Alfred Grosser, schrieb in seinem im Jahre 2009 erschienenen, ebenfalls sehr empfehlenswerten Buch „Von Auschwitz nach Jerusalem – Über Deutschland und Israel“: „Wenn wir zu Hause versuchen, die Grundwerte zu verteidigen, so sollten wir es auch überall dort tun, wo man sich auf die gemeinsamen Werte beruft. Gerade Deutsche sollten das tun, auch Israel gegenüber.“

Fassung Dez. 2011