Die Heuchelei der Politiker

von Christa Pfeiffer

Ich bin traurig und wütend über die Heuchelei der Politiker bei der großen Trauerfeier für die in Afghanistan „gefallenen“ Soldaten und nun darf es umgangssprachlich Krieg genannt werden. Mussten dafür erst Soldaten sterben, und was ist eigentlich mit den Afghanen, die auch getötet wurden? Einfach Krieg darf es deshalb nicht heißen, weil das Parlament dafür keine Erlaubnis gegeben hat. Ich bin traurig und wütend auf mich selbst, weil ich angesichts des Wiedererstehen von militaristischen Symbolen nicht die rechten Worte finde, um das anzuprangern. Vielleicht war es der Artikel in der Welt am Sonntag, „Hilfen für Soldaten in Kundus“ vom 11.04.2010 der mir die Sprache wiedergeben hat. Unser Verteidigungsminister zu Guttenberg, hatte auf die Fragen seiner kleinen Tochter „ob die drei jungen Männer tapfere Helden unseres Landes wären und ob sie stolz auf sie sein dürfte“ beide Fragen mit ja beantwortet. Das war zu viel!!!

 

Nach Ehrenmal, Tapferkeitsmedaille nun auch noch Helden und zwar für unser Land, obwohl 80 % unsere Bevölkerung dagegen ist, dass deutsche Soldaten in Afghanistan sind. Nun auch noch Helden. Das war zu viel und ich möchte nicht nur der kleinen Tochter unseres umgangssprachlichen Kriegsministers, sondern allen kleinen und großen Töchtern und Söhnen sagen, glaubt nicht, dass sie für unser Land oder sonst irgendeinem gottverdammten Vaterland ihr Leben lassen mussten.


Ich bin immer noch traurig und wütend. Denn aus den Briefen meines Vaters, der 1944 in der Normandie „Vermisst und wahrscheinlich gefallen ist,“ weiß ich es anders. Er schrieb: „Der ist der wahre Held der mit der Barbarei der Kriege ein Ende macht“. In diesem Sinne bin ich aufgewachsen. Meine Mutter, die meinem Vater versprochen hatte, dass wenn er nicht wiederkommt, sie dafür sorgt, dass keiner ihrer Söhne Soldat wird, hat uns in diesem Sinne erzogen und so haben meine Brüder den Kriegsdienst verweigert und ich bin nun seit bald 50 Jahren Mitglied der DFG-VK (Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) und helfe jungen Männer den Kriegsdienst zu verweigern. Ich bin traurig und wütend, dass es uns nicht gelungen ist noch mehr von ihnen begreiflich zu machen, dass Soldaten nicht nur potentielle Mörder sondern auch potentielle Tote sind. Bei der Anwerbung heißt es, dass der Beruf des Soldaten ein Beruf ist wie jeder andere. Aber wenn er in Ausübung seines Berufes getötet wird, bekommen einige eine pompöse Trauerfeier. Über diesen Widersinn bin ich immer noch traurig und wütend.


Frau Merkel verneigt sich vor den toten Soldaten. Ich verneige mich vor jedem Kriegsdienstverweigerer und Deserteur auch vor den amerikanischen des Irakkrieges. Wenn es schon Helden geben soll, dann sind es die, die sich um anderen zu helfen bei Streitereien einmischen, obwohl das große Nachteile für Sie haben kann. Immerhin gab es bereits einen Todesfall . Oder der türkische Friedensfreund Osman Murat Ülke, der sich immer wieder hat einsperren lassen, weil er sich geweigert hat Soldat zu werden. Zwischen 1996 und 1999 wurde er siebenmal wegen Befehlsverweigerung in Haft genommen und zwar insgesamt 702 Tage. Nach seiner letzten Entlassung ging er nicht mehr an die Öffentlichkeit, weil andere seinen Kampf fortführen. Trotz eines erneuten Haftbefehls ignorieren die Behörden ihn seitdem und lassen ihn so lange in der Illigalität leben, bis er sich zum Wehrdienst meldet. Er ist mein Held.


Dass ich nun doch noch diesen Brief zusammen gebracht habe nimmt mir etwas von meiner Trauer und Wut, obgleich es hätte besser werden können, aber ich bin ja auch kein Wolfgang Borchert oder Erich-Maria Remarque, die so viel besser gegen den Krieg geschrieben haben, es werden auch schwächere Hände gebraucht und dort will ich meinen Platz suchen, wie es in einem Roman von Remarque heißt. Ich habe ihn immer in der Friedensbewegung und seit kurzen auch in der Links-Partei gefunden, weil die auch so strikt gegen Krieg und alles Militärische sind.


Obwohl mein Herz und meine Seele immer noch voller Trauer und Wut ist, werde ich mich weiter engagieren und kämpfen, soweit es meine Kräfte noch zulassen.


Aber ich bin ja nicht allein. Ihr seid ja auch noch da.