Somalia - Im Fadenkreuz internationaler Interessen

Ein Abriss über Geschichte, Hintergründe und derzeitige Situation in Somalia

„Somalia“ verbinden wir heute mit „Piratenüberfällen“ Aber was wissen wir wirklich über dieses Land? Seit über zwanzig Jahren herrscht Bürgerkrieg. Es gibt kaum noch staatliche Strukturen. Kriege , Überfälle und Terror werden mit internationaler Unterstützung ins Land getragen. Die Bevölkerung ringt ums nackte Überleben, oft vergeblich. Somalia ist ein Versuchsgelände für furchtbare Massenvernichtungswaffen und Stützpunkt im internationalen Ölgeschäft. Deutsche Soldaten sind in unserem Namen beteiligt – an was eigentlich? Wie kam es zu diesem Elend, welche politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen führten zu der derzeitigen dramatischen Situation.

von Abdi Fidow (somalischer Bürger) und Emil Brütsch (letzte Aktualisierung 2012-11-05)

 

Kinder in einem somalischem Dorf



Eine kurze Einführung der geschichtlichen Entwicklung Somalias bis 1991

8.Jh.  Die den Ägyptern als "Punt" bekannte Region kommt unter islamisch-arabischen Einfluss.

1881  Äthiopien erobert das Innere der Somalihalbinsel (Ogaden).

1884 Das ursprünglich ein größeres Gebiet umfassende Somalia wird aufgrund der Kolonialisierung durch Großbritannien und Italien aufgeteilt. Die Region Ogaden bleibt größtenteils Äthiopien zugeordnet, die Grenzziehung erfolgt am Reißbrett (gerade Linien) und reißt die Stämme auseinander. Die Äthiopien zugeschlagenen Ogader (4 Mio. Einwohner) dürfen nicht mehr somalisch sprechen und ihre eigene Sprache auch in der Schule nicht mehr lehren. Der Norden wird unter britische und der östliche und südliche Teil werden unter italienische Verwaltung gestellt. Dschibuti (islamische Religion, somalische Sprache) wird von Restsomalia abgetrennt und  kommt unter franz. Verwaltung.

1960 Die britisch und italienisch verwalteten Teile werden als Republik Somalia in die Unabhängigkeit entlassen. Das im Süden liegende Jubaland ( 2 Mio. Einwohner) wird Kenia zugeschlagen. Die dortigen Einwohner dürfen danach nur noch Suhaeli sprechen. In der Republik Somalia verblieben ca. 9 Mio. Einwohner; weitere ca. 4 Mio. Somalier haben sich aufgrund der Unsicherheit im Land ins Ausland begeben. Innenpolitisch rivalisieren die verschiedenen Stämme miteinander. Aufgrund der geschichtlich bedingten, Landesgrenzen übergreifenden Siedlung einzelner Stämme ist die Lage zu den Nachbarstaaten gespannt. Hier sind insbesondere die Auseinandersetzungen um Ogaden zu nennen.

1969 General Siad Barre kommt durch einen Militärputsch an die Macht. Er pflegt gute Beziehungen zur Sowjetunion und wird von dieser unterstützt.

1977   Dschibuti wird eigenständig.
In diesem Jahr nehmen die Spannungen um das Äthiopien 1884 zugeschlagene Ogaden zwischen somalischen Stammesteilen und Äthiopien zu.

1978  Es kommt zum offenen Krieg zwischen Somalia und Äthiopien. Das somalische Militär muss sich bald geschlagen aus Äthiopien zurückziehen. Im Zuge dieses Krieges wandte sich Somalia von der Sowjetunion ab und den USA zu. Nach diesem Krieg begann sich Widerstand gegen die Regierung von Siad Barre aufzubauen, der sich zunächst ausschließlich an der Vereinbarung zwischen Äthiopien und Somalia kristallisierte, gegenseitig die oppositionellen Gruppen im jeweiligem Nachbarland nicht mehr zu unterstützen.

1988 Im Norden kommt es durch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen zur teilweisen Zerstörung von Städten. Mit der fortschreitenden Dauer werden die Konfrontationen zwischen Stämmen immer ausgeprägter, was auch durch o.g. Vereinbarung der somalischen Regierung mit Äthiopien stark begünstigt wird. Mit der Zeit greifen die Kämpfe zwischen der Regierung und den oppositionellen Gruppen auch auf den Süden über.

1991   Der Regierungschef von Somalia, Siad Barre, wird abgesetzt. Diese Absetzung ist auch damit im Zusammenhang zu sehen, dass Barre die Unterstützung der USA verloren hatte, nachdem er sich geweigert hatte, dass der Gewinn aus dem in Somalia gefundenen Erdöl für 70 Jahre zu 70% den Öl fördernden Firmen zufließen soll. Barre wollte einen Vertrag mit einer Laufzeit von max. 50 Jahren bei einer Gewinnbeteiligung Somalias von 50%. Bis dahin konnte Barre auf die finanzielle Unterstützung durch die USA rechnen, die er u.a. auch in die Infrastruktur zugunsten der Bevölkerung investierte.

Karte von Somalia

 

Die Entwicklung Somalias ab 1991. Dauerhafter Krieg & Einmischung von außen

Anfang1991 floh Siad Barres nach der militärischen Niederlage gegen die im USC (United Somali Congress) vereinigten Oppositionsgruppen. Der neue Präsident Ali Mahdi hatte aber eine der Oppositionsgruppen nicht an der Regierung beteiligt. Daraufhin brachen in Mogadischu heftige Kämpfe aus, die sich bald über das ganze Land ausbreiteten. Als daraufhin die UNO und Russland in den Konflikt eingriffen und die UNO unter der Führung der USA dabei die Rolle des unparteiischen Vermittlers schnell verließ, eskalierte die Situation weiter.


Als die UNO 1992 offiziell mit einer militärischen Mission in Somalia auftrat (erstmals mit deutscher Beteiligung) und gleichzeitig das EU-Waffenembargo aufgrund eines UNO-Beschlusses aufgehoben wurde, verschlimmerte sich die Lage dramatisch. Das Ende des UN-Einsatzes 1995 kam, als die schwer kritisierte Mission den Bürgern der USA nicht mehr zu vermitteln war. Bei der eskalierten Konfrontation wurden auch von UNO-Soldaten umfangreiche Menschenrechtsverletzungen begangen.  Es wurde gefoltert und getötet. Nachdem sich die UNO-Truppen zurückgezogen hatten, ließ die Intensität der Kämpfe nach. Im nördlichen Gebiet Somaliland, das sich 1991 einseitig für unabhängig erklärt hatte, blieb es nach 1996 relativ friedlich. Dies nahm dann der Harti-Darod-Clan für die Region Puntland zum Vorbild und erklärte Puntland für autonom. Die für autonom erklärten Gebiete Somaliland und Puntland werden international nicht offiziell anerkannt.


Im Südwesten von Somalia inkl. der Hauptstadt Mogadischu dagegen bekämpften sich in den Folgejahren verschiedene Kriegsherren und Milizen weiterhin. So konnte sich die 2000 gebildete Übergangsregierung für Somalia lange nicht in Mogadischu niederlassen. 2006 wurden die Warlords innerhalb von 6 Monaten durch die Union der islamischen Gerichte (UIC) nach Äthiopien vertrieben. Darauf herrschte Frieden und eine gewisse Ordnung in Somalia. Mit der Brandmarkung der Tatsache, dass in dieser Zeit in Somalia nicht öffentlich geraucht oder Musik gehört werden durfte, wurde dem durch die USA ermunterten Äthiopien der Anlass formuliert, die Verwaltung der UIC durch militärische Gewalt zu beenden. Ende 2006 kommen die Warlords mit äthiopischer Unterstützung wieder nach Somalia zurück, und Äthiopien bleibt bis Anfang 2009 mit ca. 200'000 Soldaten präsent. Aber auch mit Hilfe der äthiopischen Truppen gelingt es der eingesetzten provisorischen Regierung nicht, sich in der Hauptstadt Mogadischu oder im übrigen Land zu etablieren. Die durch die UNO ermächtigte militärische Somalia-Mission der Afrikanischen Union hat nicht zur Beruhigung der Situation beigetragen.


2007 und 2008 kam es in Mogadischu zu heftigen Kämpfen zwischen regierungstreuen Truppen und deren Gegnern. Diese Kämpfe trieben Hunderttausende in die Flucht. Die Gesamtzahl der Binnen vertriebenen stieg auf über eine Million. Die Kämpfe von Mai bis Mitte Juli 2009 haben in Mogadischu mindestens 200' 000 Menschen zur Flucht aus der Stadt veranlasst. Bis Mitte 2009 finden außerdem immer wieder Bombardierungen durch US-Flugzeuge statt, ohne dass davon in den deutschen Medien Notiz genommen worden wäre.

Seit 2011 mischt sich Kenia militärisch in Somalia ein, nachdem in Kenia Anschläge erfolgten, die den somalischen islamistischen Milizen vorgeworfen wurden. Zu dieser Einmischung gehören auch Bombardierungen von auf den Feldern arbeitenden Menschen. Die militärische Ausrüstung erhält Kenia von westlichen Staaten wie USA und Deutschland.

Laut UNO war Mitte 2009 die Situation in Somalia schlimmer als in der sudanesischen Provinz Darfur. In Somalia hungern bis zu 3,5 Millionen Menschen bzw. sind bis heute von Nahrungsmittelhilfe abhängig. Auch die auf einer Geberkonferenz in Brüssel beschlossene Summe von über 200 Mio. US-Dollar (inkl. 60 Mio. EUR der EU) für die Aufstockung der Truppen der Afrikanischen Union und damit der Stützung der somalischen Übergangsregierung hat nicht zum Ende des Schreckens geführt. Vielmehr räumt auch die deutsche Regierung ein, dass ein Ende der Aktivitäten der Rebellen gegen die somalische Übergangsregierung auch im Juli 2012 nicht in Sicht ist.

Es ist davon auszugehen, dass sich die derzeitige somalische Regierung ohne diese massive militärische Unterstützung nicht halten könnte, da sie keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung hat. Die hohe militärische Präsenz ausländischer Einheiten wird damit begründet, dass in Somalia angeblich die drei Hintermänner leben sollen, die für das Sprengen der amerikanischen Botschaften in Kenia und Somalia anno 1998 verantwortlich sind. Der Wahrheit kommt die Formulierung von Gerald Lemelle, Direktor des Thinktank «Africa Action» in Washington wohl deutlich näher: «Im Kern der westlichen Intervention in Somalia […] steht der Kampf ums Öl.»


Fläche und Bevölkerung

Das heutige Somalia hat eine Fläche von ca. 637'000 qkm. Im Vergleich dazu ist die Bundesrepublik Deutschland mit ca. 357'000 qkm etwa halb so groß.


Auf dieser Fläche leben ca. 7,5-9 Mio. Menschen, also etwa 14 Einwohner/qkm. Die Lebenserwartung liegt bei ca. 47-50 Jahren (je nach Quelle). Über 70% der Bevölkerung leben von den Einnahmen aus der Landwirtschaft, wobei im Norden die nomadische Viehhaltung überwiegt, während im Süden auch sesshafte Bauern wohnen. Im Küstenbereich ist die Bevölkerung auf den Fischfang angewiesen.


Somalia hat eine sehr lange Küste von ca. 2'720 km Länge.

59% der Somalierinnen und Somalier sind Nomaden. Die Zugehörigkeit des einzelnen Menschen definiert sich über die Stammes- bzw. Clanzugehörigkeit. Die somalische Bevölkerung lebt deshalb in einem Stammes- und nicht in einem Nationalstaatsbewusstsein. Im heutigen Somalia leben vier große Stämme, die sich in sehr viele Unterstämme gliedern. Die Unterstämme bekämpfen sich sehr häufig untereinander. Die seit 1991 andauernden Kämpfe finden jedoch nicht nur zwischen einzelnen Stämmen und Unterstämmen sondern auch innerhalb der Stämme und sogar zwischen Brüdern statt, so dass man davon ausgehen kann, dass weder Stammesunterschiede, noch die Rasse, noch die Religion für den Konflikt maßgeblich sein können. Vielmehr sind sie ein klares Indiz für eine Einmischung von außen.


Konfliktbedingte Gesundheitsprobleme

Um das nackte Überleben zu sichern, ist eine massive Stadtflucht zu verzeichnen. Die Bevölkerung leidet unter großen gesundheitlichen Problemen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Da ist zunächst die durch die andauernde Kriegssituation bedingte schlechte Versorgungslage bzgl. Trinkwasser, Nahrung und in medizinischer Hinsicht zu sehen. Mangelernährung und Infektionskrankheiten, insbesondere durch die Flüchtlingsproblematik, sind weit verbreitet. Dazu kommen Probleme, die durch den Einsatz von Uranwaffen der UN-Truppen bedingt sind (u.a. hatte eine Klage gegen Italien juristisch Erfolg). Neben diesen verbotenen Waffen, werden auch noch Waffen verwendet, die zu sehr intensiven und großflächigen Verbrennungen führen. Diese Waffen werden auch gegen Zivilisten eingesetzt.

Des weiteren machen sich zunehmend die Gifte bemerkbar, die durch ausländische Schiffe vor der sehr langen somalischen Küste verklappt und u.a. aufgrund des Tsunami von 2004 an die Küste gespült wurden (Siehe auch die Ausführungen am Ende des Kapitels 'See, Seerecht, Fischerei und Piraten'). Seit 2004 ist die Krebsrate in den kontaminierten Regionen um 40% (auch bei Kindern), sowie die Fehlgeburtenrate auf 50% gestiegen. Viele der überlebenden Neugeborenen weisen Missbildungen auf. So haben ca. 20% ein offenes Rückenmark.

Die Ernährungssituation, die langwierige Kriegssituation, das kollabierte Gesundheitssystem und der beschränkte Zugang für Hilfsorganisationen verschlimmerten die humanitäre Krise in Somalia im Jahr 2011. Auf dem Höhepunkt der Krise kamen 10'000 Menschen pro Tag allein durch Hunger um. Ende 2011 milderte sich die Hungersnot durch eine relativ gute Ernte etwas.

Klima und Landwirtschaft

Ganzjährig liegen die Lufttemperaturen zwischen 25 und 40°C (auch nachts). Das Hochland im Norden ist unfruchtbar. Im Süden fließen zwei ganzjährig Wasser führende Flüsse; die dadurch bedingte fruchtbare Fläche macht etwa ein Achtel der Gesamtfläche aus und würde für die Ernährung ganz Somalias ausreichen. Bei intensiver Nutzung dieses fruchtbaren Landes könnte ganz Afrika von hier aus mit Lebensmitteln versorgt werden. Vor 1991 wurden auch Lebensmittel exportiert.


Vor 1991 war es den Familien immer möglich satt zu werden. Da Früchte wie Bananen und Mangos wild wuchsen, mussten diese Lebensmittel nicht gekauft werden; man konnte sie am Straßenrand pflücken. Heute stellt die Erosion und Ausbreitung der Wüste in den nördlichen Weideländern ein ernsthaftes Problem dar. Teilweise ist dies durch Überweidung und Trockenheit, aber zu einem großen Teil durch die Abholzung der Wälder für Herstellung von Holzkohle bedingt, die in den Städten Somalias ein wichtiges Brennmaterial darstellt und auch in die arabischen Staaten exportiert wird.

2012 wird erstmals wieder versucht, Bananen für den Export nach der arabischen Halbinsel anzubauen.

See, Seerecht, Fischerei und Piraten

Das Seehoheitsgebiet im Osten Somalias ist nach internationalem Seerecht 200 nmiles (nautische Meilen) bzw. ca. 350 km breit (rote Linie in Graphik 2). Für jede Verletzung dieses Hoheitsgebietes müsste nach internationalem Recht eine Strafe von 14 Mio.$ bezahlt werden. Da die vor Somalia kreuzenden Kriegsschiffe keine Genehmigung seitens Somalias haben, bewegen sie sich dort illegal. Das ist auch der an diesem Einsatz beteiligten BRD bekannt, denn sie hat das entsprechende Gesetz ebenfalls unterzeichnet.


Seit 2008 darf jeder Staat nach neuem UN-Recht über einen Festlandsockel von 350 nmiles bzw. ca. 650 km verfügen (gelbe Linie in Graphik 2).


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20% der Einwohner leben von der Fischerei. Seit dem Zusammenbruch der Regierung Siad Barres 1991 gibt es aufgrund der schwachen Regierung keine funktionierende Verwaltung und keine funktionierende Küstenwache mehr, um die Kontrolle und den Schutz im eigenen Seehoheitsgebiet durchsetzen zu können.

Seit 1991 fischen auch fremde Länder Asiens und Europas illegal in den somalischen Gewässern mit riesigen Netzen. Es kommt darüber zur Überfischung. Die Boote der somalischen Fischer werden gerammt, durch Überschütten mit heißem Wasser vertrieben, oder die Netze der somalischen Fischer werden zerstört. In dieser Situation haben sich die somalischen Fischer an die UN gewandt, da ihnen die eigene Regierung nicht helfen konnte.


Daraufhin (2005) stellt die UN 700 illegale Fischerboote in den Gewässern Somalias fest, kann aber den somalischen Fischern nicht helfen. Auch ein internationaler Protest seitens der UN gegen diesen Gesetzesverstoß unterbleibt. Daher greifen die somalischen Fischer zur Selbsthilfe, indem sie ausländische Fischerboote in den eigenen Gewässern als Piraten überfallen. Der Somalia durch die illegale Fischerei zugefügte Schaden wird auf 250 Mio. Euro/Jahr geschätzt. Dieser Schaden wiegt umso schwerer, weil durch die katastrophale Lage im Land nach 1991 immer mehr Menschen an die Küsten drängen, um sich die Nahrung vom Meer zu holen.


Dass somalische Fischer- oder Piratenboote große Frachtschiffe schädigen können, ist nicht realistisch, da die zur Verfügung stehenden kleinen Holzboote dafür gar nicht geeignet sind. Vollkommen ausgeschlossen ist, dass das Kapern der „Sirius Star“ 800 km von der somalischen Küste entfernt durch somalische Fischerboote möglich war (15.Nov.2008). Unerklärlich ist auch der große Anstieg der Piraterie im Jahre 2008 um den Faktor vier von ca. 20 auf ca. 80 Fälle. Es ist hier zu fragen, wer die Piraten, über die in den deutschen Medien berichtet wird, in Wirklichkeit sind, und wer diese Art von Piraterie organisiert? Liegt das Organisationszentrum in London? Handelt es sich um eine internationale Mafia?

2011 und 2012 standen erstmals somalische Piraten vor einem deutschen Gericht und wurden verurteilt, obwohl ein Verteidiger der Meinung war, dass "wir uns hier anmaßen, Recht zu sprechen nach unseren deutschen Vorstellungen über Menschen, deren Lebenssituation wir nicht mal annähernd nachvollziehen können."

2004 stellte sich anlässlich der durch den Tsunami an die Küste angespülten Müllfässer heraus, dass vor der Ostküste Somalias illegal Müll (u.a. Atommüll) entsorgt wurde. Die Schädigung der Fische bis hin zu tot angetriebenen Tieren war die Folge. Obwohl die für Umweltprogramme zuständige UN-Stelle (UNEP) darüber Bescheid wusste, hat sie darüber solange geschwiegen, bis es nicht mehr zu verheimlichen war. An dem illegalen Abladen des Mülls vor Somalia waren auch Firmen aus Bremen und der Schweiz beteiligt. Als eine italienische Reporterin über diese illegalen Handlungen einen Film drehen wollte, wurde sie bei der Ankunft in Somalia ermordet.

Ölvorkommen und globale Interessen

Mitte der 80er Jahre hatten große US-Ölfirmen Bohrungen in Somalia unter der Aufsicht Somalias durchgeführt. Auch eine Studie der Weltbank kam zu dem Ergebnis, dass in Somalia reiche Öl- und Erdgasvorkommen vorhanden sind. Die Studie der Weltbank, die im Auftrag von privaten Investoren der Erdölindustrie erstellt wurde, nennt unter den acht afrikanische Staaten, die in Zukunft eine Rolle bei der Erdölproduktion spielen könnten Somalia an erster Stelle.


Vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges sicherten sich die vier US-Erdölgiganten Conoco, Ameco, Chevron und Phillips Erdölkonzessionen durch die Regierung Siad Barres für zwei Drittel des Landes und investierten dort Dollar-Beträge in dreistelliger Millionenhöhe. Um in Ruhe das Erdöl fördern zu können, arbeiteten diese Konzerne sehr eng mit der US-Regierung zusammen. Die Verzahnung zwischen der Ölfirma Conoco Somalia Ltd. (Tochterfirma von Conoco Oil Houston/Texas) und dem US-Gesandten Oakley war so intensiv, dass Letzterer mit seinem Büro in die gut ausgerüstete Zentrale der Ölfirma in Mogadischu einzog.

Mit Ausbruch der intensiven militärischen Auseinandersetzungen in Somalia zogen sich die genannten US-Ölfirmen aus Somalia zurück. Ihr Platz wurde später offenbar durch Africa Oil (ein kanadisch-skandinavisches Konsortium mit Sitz in Vancouver) eingenommen, das vor allem in dem relativ stabilen Puntland im Nordosten Somalias großflächig aktiv ist und dort nach weiteren Vorkommen sucht (siehe Graphik 3). In manchen Quellen wird auch von einer Firma 'Range Resources' gesprochen, die das Öl in Puntland in Besitz genommen haben soll. Es gibt nach wie vor Bestrebungen der amerikanischen Konzerne, die Ölhoheit in Puntland wieder an sich zu ziehen.

Karte über Öl-Exploration in Somalia


Im Mai 2009 wurde ein Seegebiet von 38'000 km2 mit Inseln an der Südgrenze des somalischen Seehoheitsgebietes durch einen Vertrag zwischen der US-hörigen Regierung Somalias und der Regierung Kenias unter Beteiligung der norwegischen Regierung dem Hoheitsgebiet von Kenia zugeschlagen. Es ist ziemlich eindeutig, dass dies damit in Zusammenhang steht, dass dort Ölvorkommen ausgemacht wurden und seit Jahren vermutlich durch skandinavische Firmen ausgebeutet werden.

Ölgebiet im Süden von Somalia

 

Neben vermuteten größeren Öl- sind auch Uranvorkommen und im Wesentlichen nicht ausgebeutete Reserven von Eisenerz, Titanerz, Zinn, Gips, Bauxit, Kupfer, Salz und Erdgas, von Interesse. Darüber hinaus begründet sich das Hauptinteresse der US-Strategen besonders durch die militär- und handelsstrategisch günstigen Lage Somalias am Horn von Afrika. Der von den USA genutzte Tiefseehafen von Berbera im Norden (siehe Graphik 1) wurde von der Sowjetunion in den 70ern gebaut und ist einer der besten in unmittelbarer Nähe des Indischen Ozeans. Durch ihr starkes Engagement in Somalia werden die USA nicht an einer weiteren Nutzung des somalischen Hafens Berbera behindert, obwohl die dafür erforderlichen Rechte 1992 ausgelaufen sind. Verhandlungen mit Aden zur Nutzung des dortigen Hafens sind nach dem Anschlag auf das Schiff 'USS Cole' gescheitert.


Der Flughafen von Berbera hat eine der längsten Pisten in Nordafrika.

Die Kontrolle der Öltransitstrecke am Horn von Afrika hat nach dem UN-Debakel in Somalia die deutsche Bundesmarine übernommen. Im Zuge der weltweiten „Terrorbekämpfung“, der Operation “Enduring Freedom” patrouillierten von 2001 bis 2010 auch deutsche Kriegsschiffe an den Küsten von Somalia. Nach 2010 patrouillieren die deutschen Kriegsschiffe im Rahmen der EU-Mission 'Atalanta'.


Menschenrechtssituation und die Rolle der UNO

Die Menschenrechtssituation wird auch lt. Amnesty International für die einzelnen Länder/ Anrainer von Somalia unterschiedlich eingeschätzt. In Kenia wird sie als eher ruhig und in Äthiopien als prekär eingestuft. Dies ist aber kein Hindernis, den Ministerpräsidenten von Äthiopien zu Gipfeln der westlichen Welt einzuladen.

Die Lage der Menschen in Somalia ist durch immer wieder statt findende Überfälle aus Äthiopien und Kenia, als auch durch die immer noch stattfindenden Bombardierungen durch die USA gekennzeichnet. So ist Mogadischu auch 2012 noch eine städtische Steinwüste. 400'000 Flüchtlinge leben seit Jahren außerhalb Mogadischus in Zelten. Die dort lebenden Vertriebenen leiden unter Wassermangel und bekommen höchstens einmal pro Tag durch Helfer etwas zu essen.

In Somalia herrscht lt. UNO eine der weltweit längsten und schlimmsten Flüchtlingskrisen. Ein Drittel der somalischen Bevölkerung, die die UNO auf 7,5 Millionen Menschen schätzt, ist auf der Flucht - entweder als Flüchtling oder als Binnenvertriebene.

Die UNO unterhält und versorgt verschiedene Flüchtlingslager in Somalia. Davon liegt ein großes in der Nähe zur Grenze nach Kenia. Aber auch im Nordosten Kenias sind sehr viele Flüchtlinge aus Somalia in Lagern der UNO aufgenommen worden. Der Flüchtlingsstrom dorthin reißt nicht ab. So sind im Mai 2009 ca. 5'000 und im Juni 2009 ca. 7'000 Flüchtlinge aufgenommen worden. Diese für 90'000 ausgelegten Lager haben bis Juli 2009 über 290'000 Flüchtlinge aufgenommen.

Die Flüchtlingsströme halten bis heute (Okt. 2012) an. Es flohen allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2012 ca. 62'000 Somalier in ihre Nachbarländer, die meisten von ihnen (25'000) nach Äthiopien.

Von 1991 bis Oktober 2012 summiert sich die Zahl der somalischen Flüchtlinge in der Region auf mehr als eine Million. Die Hälfte dieser Flüchtlinge drängte nach Kenia, ein Fünftel nach Äthiopien.

Hinsichtlich der gemeldeten Entführungen von Fremden mit extremen Lösegeldforderungen weist besteht die Gefahr, dass hier aus propagandistischen Zwecken eine Entführung behauptet wird, obwohl die ausländischen Personen durch ausländische Kräfte in Gewahrsam genommen und dann angeblich befreit werden.

Die Rolle der UNO


Laut A. Fidow wirkt sich die Rolle der UNO in folgenden Punkten ungünstig auf Somalia aus:

  1. Die billigen Maisimporte verhindern den Absatz der eigenen landwirtschaftlichen Produkte.

  2. Die seit dem Bürgerkrieg laufenden Abholzungsmaßnahmen für den massiven Export von Holzkohle an die Staaten der arabischen Halbinsel zerstören die Zukunft des Landes.

  3. Die zur Strandbefestigung ins Land gebrachten Pflanzen breiten sich rasant aus, verdrängen einheimische Pflanzen und schädigen damit das Land.


Wer den Menschen in Somalia helfen will


Angesichts der dramatischen Not seiner Landsleute (ca. 70% der Menschen sind unterernährt, 70% haben keinen Zugang zu sauberem Wasser) hat Abdi Fidow eine Hilfsaktion eingerichtet. Unter dem Stichwort „Hilfe für somalische Familien“ können bei der Commerzbank Berlin (BLZ 100 400 00, Konto 100 569 500) für die Hilfsaktion gespendet werden.


Das Land braucht Frieden. Die politische Einmischung von außen muss aufhören. Hilfe zur Selbsthilfe ist dringend nötig.

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Wenn Sie sich weiter über die Fakten Somalias und der dort stattfindenden Einmischung von außen informieren wollen, möchten wir Ihnen nachstehende Links empfehlen:


Weitere Angaben zu einem Vortrag von Abdi Fidow sind zu finden unter:

http://bk-hennef.de/index.php?id=66&tx_ttnews[tt_news]=88&tx_ttnews[year]=2009&tx_ttnews[month]=06&tx_ttnews[day]=10&cHash=b25560e4a1


Zum Land:

http://de.wikipedia.org/wiki/Somalia

http://www.ghorfa.de/somalia.html



Zum Seerecht (Seevölkerrecht):


http://afa.at/globalview/2008-2.pdf

http://wissen.dradio.de/justiz-deutsche-gesetze-gegen-moderne-piraterie.33.de.html?dram:article_id=

http://de.wikipedia.org/wiki/Seevölkerrecht

Zur Verletzung des Seegebiets von Somalia durch ausländische Fischerboote; Piraterie:


http://wissen.dradio.de/piraten-hinter-der-augenklappe.33.de.html?dram:article_id=220559

http://snipurl.com/6k71g [www_faz_net]

http://snipurl.com/6k81d [www_handelsblatt_com]

http://snipurl.com/6k95k [www_oe24_at]

http://snipurl.com/6k9rx [www_focus_de]

http://www.rf-news.de/2009/kw20/wer-sind-die-piraten-am-horn-von-afrika/?searchterm=somalia

http://www.ndr.de/regional/hamburg/piratenprozess169.html

http://www.arte.tv/de/Die-Welt-verstehen/Somalia---Chaos-am-Horn-von-Afrika/3905174.html


Zu den kriegerischen Auseinandersetzungen und der Vernetzung mit globalen Interessen (Öl, Uran, Eisen Bauxit, u.a.m.):

http://www.oelspuren.net/Kriege/Somalia/somalia.HTM

http://www.theaustralian.news.com.au/story/0,25197,22482585-643,00.html


http://www.somalia-aktuell.de/info_buergerkrieg_1.asp

http://de.wikipedia.org/wiki/Somalischer_Bürgerkrieg


http://www.ipicture.de/daten/wirtschaft_somalia.html


http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/AfghanistanZentralasien/OEF_node.html

http://www.ghorfa.de/fileadmin/inhalte/laenderprofile/2012/WD_Somalia_07-12.pdf


Zur Menschenrechtslage:


http://www.allafrica.com/stories/200907210865.html

http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/informieren/einsatzlaender/afrika/somalia/?pc=G_B-Afrika_Somalia&pk=somalia

http://www.diakonie-katastrophenhilfe.de/hilfe-weltweit/2061_88_DEU_HTML.php


http://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/news-detail/article/somalia-fluechtlingszahlen-in-aethiopien-steigen-weiter.html