Verteidigungsministerin von der Leyen will mehr Kampfeinsätze – wir nicht!
von Dagmar Schulte
„Schon wieder ein neues Au-pair-Mädchen!“, stöhnen die Von-der-Leyen-Kinder in einer Parodie. „Ich bin kein Au-pair-Mädchen, ich bin eure Mutter!“ - „Ach so!“, lautet die Antwort. Der ausstrahlende Radiosender nimmt in einer Folge die aktuelle Politik aufs Korn. „Komische Mutter!“ kommentierte dann häufig lachend meine Tochter.
Familienfreundlich soll das deutsche Militär werden, so das erste gesteckte Ziel der frisch gebackenen Ministerin. Und der Soldatenberuf sei auch ein Beruf wie jeder andere. Entsprechend wirbt die Bundeswehr in Schulen und Arbeitsämtern. Auch mein fünfzehnjähriger Sohn erzählte, wie er bei einer entsprechenden Maßnahme als Pilot angeworben werden sollte. Schockiert dachte ich an eine Friedensaktivistin, deren Sohn aus lauter Trotz und Rebellion gegen die Mutter zur Bundeswehr gegangen war.
Nach der UN-Kinderrechtskonvention ist es untersagt, Minderjährige für das Militär zu rekrutieren. Aktionen wie „Schulfrei für die Bundeswehr“, „Zivilklausel an Universitäten“, Demos vor Arbeitsämtern mit dem Motto „Kein Werben fürs Töten und Sterben“ sind unsere Antworten auf derlei Bestrebungen. Dagegen will Frau und Mutter von der Leyen gar die Kampfeinsätze der Bundeswehr ausweiten.
Von derlei militärfreundlichen Kampagnen an Schulen wollen die allermeisten Abiturienten nichts wissen, denn sie lehnen aus guten Gründen eine Gewaltpolitik ab und möchten auch persönlich nichts damit zu tun haben. Allerdings haben schulisch benachteiligte Schüler weniger Berührungsängste mit der Bundeswehr, sehen sie doch in der Bundeswehr einen attraktiven Arbeitgeber. Schlechtere Noten wirken sich nicht so nachteilig aus und sind auch kein Ausschlussmerkmal für die kämpfende Truppe. Zudem wird oft die jeweilige Muttersprache, insbesondere Arabisch, wegen der Auslandseinsätze geschätzt. So kommt es, dass Kinder von Migrantenfamilien, die selbst aus Kriegsgebieten zu uns geflohen sind, inzwischen folgende Sorge haben: „Jetzt haben wir es geschafft, den Krieg hinter uns zu lassen und können in Deutschland leben. Aber jetzt müssen wir Angst haben, dass wir keinen Job finden außer den des Soldatenberufes!“
Auch Familien in Afghanistan, Mali und in jedem anderen Land wünschen sich „Familienfreundlichkeit“. Meist leben die Angehörigen hier wohnender Migranten weiterhin in ihren Herkunftsländern. Egal auf welchem Fleck der Erde: Alle wünschen sich Frieden besonders für ihre Familien.
Laut einer aktuellen ARD-Deutschlandtrend-Umfrage lehnen ca. zwei Drittel der Befragten weitere militärische Auslandseinsätze ab. Wieso gerade eine gebildete Frau und Mutter, die unsere Verteidigungsministerin ist, das anders sieht, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.
Aber das Thema geht noch weiter: Erziehende – gleichgültig welcher Herkunft – fragen sich: „Wie sollen wir unsere Kinder zu gewaltfreier Konfliktlösung erziehen, wenn sie doch genau mitbekommen, dass die Mächtigen im `richtigen Leben´ militärische Gewalt als legitim erachten?“ Jedes Streitschlichtungsprogramm wird zur Farce. Niemand braucht sich mehr über wachsende Gewalt auf den Schulhöfen, im Fußballstadion, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder bei einem von der Nachbarschaft organisierten Straßenfest wundern. Es gibt kein Hand-in-Hand von ziviler und militärischer Konfliktlösung, weil die zivile Konfliktbearbeitung die militärische ausschließt.
„Komische Mutter!“, kommentiert meine Tochter weiterhin die Sketche über Frau von der Leyen aus dem Radio. Doch seitdem sie Verteidigungsministerin ist, bleibt uns das Lachen im Halse stecken.
„... Du, Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und Kairo und Oslo – Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollte Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!“
(Wolfgang Borchert: „Dann gibt es nur eins!“)