Angola - Kriegsschiffe für strategische Partnerschaft?

Rüstungsexporte aus Deutschland nach Angola

von Emanuel Matondo

Am 13. Juli 2011 hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Angola besucht. Tags zuvor war sie in Kenia; ihre kurze Afrikareise schloss sie in Nigeria ab, neben Angola das ölreichste Land des Kontinents. Zweck der Reise nach Angola war der Ausbau einer „strategischen Partnerschaft“, für Berlin geht es auch um den Zugang zur Energie und Rohstoffen. In der ansonsten eher unspektakulären Reise beherrschte ein Projekt die Schlagzeilen: Der Verkauf von Marineschiffen von der Lürssen-Werft in Bremen, deren Chef mit einer zehnköpfigen Wirtschaftsdelegation Merkel begleitete. Handelt es sich nur um Patrouillenboote oder um ein Rüstungsgeschäft wie beim Panzer-Deal mit Saudi Arabien? Deutsche Rüstungsgüter werden jedenfalls schon länger nach Angola geliefert.

Angola spielt wegen seiner reichhaltigen Öl- und Gasvorkommen und als bedeutende Regionalmacht neben Südafrika für die deutsche Afrika-Politik in ökonomischer wie militärischer Hinsicht eine wichtige strategische Rolle. Nicht umsonst hatte Kanzlerin Merkel zwischen Kenia und Nigeria einen Kurztrip nach Luanda eingeplant, um dort Präsident José Eduardo dos Santos ihre Aufwartung zu machen. Dass es hier nicht um eine entwicklungspolitische Zusammenarbeit ging, leuchtet jedem ein, der das neue Afrika-Konzept der Bundesregierung kennt.

So hatte die Kanzlerin denn auch vier Absichterklärungen in der Tasche, die in Luanda unterzeichnet werden sollten. Doch die Unterschrift unter drei Abkommen platzte „in letzter Minute. Auf das vierte verzichtete Merkel dann ihrerseits“, weiß die Welt am 14. Juli 2011 zu berichten. Bei einem Deal ging es um die Erkundung von Rohstoffen, wobei ein Teil Angolas von dem beauftragten deutschen Unternehmen aus der Luft neu kartografiert werden sollte. Das angolanische Militär hatte sich quer gestellt. Beim zweiten Abkommen ging es um die Verlegung von Glasfaserkabeln für den Anschluss der Hauptstadt Luanda ans Internet. Dort scheint es ein Zuständigkeitsgerangel zwischen zwei Ministerien gegeben zu haben, wie der Welt-Korrespondent berichtet.

Selbst das dritte vorgelegte Projekt blieb – offensichtlich wegen Kompetenzrangelei innerhalb des angolanischen Machtapparates – ohne Unterschrift: Der Verkauf von sechs bis acht Patrouillenbooten aus der Herstellung der Bremer Lürssen-Werft. Merkel reiste frustriert und ohne konkrete Ergebnisse aus Angola ab. Dabei hatte gerade der geplante Bootsverkauf zu Hause für viel Ärger gesorgt. Das Rüstungsgeschäft wurde einhellig von der Opposition kritisiert, hatte Merkel auf einen Wirtschaftsforum von deutschen und angolanischen Unternehmern in Luanda doch gesagt: „Wir würden Ihnen auch gerne bei Ihren Verteidigungsanstrengungen helfen, zum Beispiel bei der Ertüchtigung der Marine.“ Merkel bot zudem auch deutsche Ausbildungshilfe für Soldaten an.

Während dos Santos auf der gemeinsamen Pressekonferenz sagte, er hätte ein deutsches Angebot für die Kriegsmarine erhalten, wählte man auf deutscher Seite auf einmal eine andere Sprachregelung, um den Rüstungsdeal mit einem afrikanischen Despoten politisch klein zu reden und herunterzuspielen: Statt von Kriegsschiffen war jetzt nur noch von Patrouillenbooten zum Schutz der Küste die Rede. Lürssen liefert beides. Das „Missverständnis“ wurde auf unsaubere Begrifflichkeiten und Übersetzungsprobleme zurückgeführt. Das Geschäft kam letztlich nicht zustande, doch man darf wetten, dass dieser Rüstungsdeal bald ohne Tam-Tam und unter Ausschluss der Öffentlichkeit beider Länder unter Dach und Fach gebracht sein wird.

„Angola braucht keine Waffen, sondern einen Friedensprozess“, kritisierte Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rotenburg-Stuttgart in einer Pressemitteilung vom 15.7.11. Die Diözese hatte im März 2011 mit der angolanischen Bischofskonferenz und Caritas Angola einen internationalen Friedenskongress in Luanda ausgerichtet. Irritiert zeigte sich der Bischof vor allem über „die Begründung, man wolle dazu beitragen, dass regionale Konflikte in Afrika durch regionale Truppen befriedet werden.“ Das rede der Verschärfung kriegerischer Spannungen mit den Nachbarstaaten das Wort. Waffen seien in dem labilen Land, „in dem der überwiegende Teil der Bevölkerung in Elendsquartieren und bitterer Armut lebt und in dem diesseits und jenseits der Grenze zum Kongo Hunderttausende ohne jede Perspektive in Flüchtlingslagern hausen“, das Letzte, meinte der Bischof.

Sicherung der Rohstoffe
Das Regime in Angola dürfte allerdings andere Sorgen umtreiben als das Schicksal der armen Bevölkerung. Als wachsender Regionalmacht geht es Luanda um die Kontrolle nicht nur der eigenen Erdölfelder und der Erdölenklave Cabinda, sondern auch über die ganze Region von der DR Kongo und Kongo-Brazzaville bis hinauf in den Golf von Guinea. Die Region verfügt über riesige Öl- und Gasvorkommen. Ferner gilt es, die Seewege vor den Küsten unter Kontrolle zu bringen.

Nach einem vertraulichen Papier der angolanischen Regierung von 2009 erhielten Kriegsmarine (Marinha de Guerra, MGA) und Luftwaffe bei den Investitionen des Landes oberste Priorität, um „Angolas als Regionalmacht“ zu stärken. Es wurden in den Verteidigungsetat als einzigem Sektor immer neue Gelder gepumpt, während der Sozial- sowie Wirtschaftsetat Kürzungen hinnehmen mussten. „Die Priorität innerhalb der MGA liegt bei der Beschaffung von einer Fregatte, zwei bis drei Korvetten und einigen Patrouillenbooten (…). Die Beschaffung der Fregatte sollte aber in Deutschland erfolgen, dazu ein Zerstörer aus Russland“, entnimmt man dem vertraulichen Papier.

Friedrich Lürssen hatte schon im Jahr 2007 bei einer Angola-Reise des damaligen Bundeswirtschaftministers Michael Glos Angola ein Angebot über die Lieferung von Marineschiffen unterbreitet. (s. Kriegsschiffe für Angola, German-Foreign-Policy.com, 14.7.2011). Im Rahmen des Deutschland-Besuchs von dos Santos im Februar 2009 wurde das Geschäft über ca. 800 Mio. Dollar für vier Fregatten und drei Korvetten bei Lürssen in Bremen besprochen. In den angolanischen Medien wurde der geplante Deal angeprangert. Erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Bundessicherheitsrat schon 2007, unter der großen Koalition, das Projekt grundsätzlich bewilligt und damit den Weg für Verhandlungen freigegeben hatte.

Von Korvetten und Fregatten war beim Merkel-Besuch nicht mehr die Rede, die Kriegsschiffe schrumpften zu Patrouillenbooten für Küsten- und Fischereischutz. Doch es ist schon lange bekannt, dass Deutschland eine umfassende Militärkooperation mit Angola anstrebt. Bei der maritimen Aufrüstung geht es den Rohstoffabnehmern im Norden vornehmlich um die Sicherung der strategischen Rohstoffe Öl und Gas. Die französische Marine spricht hier eine klare Sprache und erläuterte ihr Sicherheitskonzept in einer internen Studie vom September 2009. Dort ist eindeutig von einer verstärkten Ausrüstung zur militärischen Absicherung der Seeroute u.a. im Golf von Guinea zur Verschiffung von strategischen Rohstoffen wie Öl und Flüssiggas die Rede. Aufsteigenden Regionalmächten wie Angola und Nigeria kommt dabei eine große Bedeutung zu.

Martin Wansleben, Geschäftsführer der DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammer) fordert schon seit längerem von deutschen Politikern, den weltweiten Einsatz deutscher Soldaten für die Sicherung freier Handelswege zu befürworten. Vor Merkels Reisantritt forderte er die Bundeskanzlerin erneut auf, „sich massiv für freien Zugang zu den strategischen Rohstoffen Afrikas einzusetzen”.

Konkurrenz um Erdgas
Deutschland hat großes Interesse am Flüssiggas Angolas. Sowohl E.ON Ruhrgas als auch die EnBW AG möchten in das Geschäft einsteigen. Im Februar 2012 soll mit der Verflüssigung begonnen werden. Deshalb bietet die Bundesregierung Angola ein Tauschgeschäft an: Flüssiggas gegen Aufrüstung und Ausbildung von angolanischen Soldaten durch die Bundeswehr. Sie beugte sich damit auch dem Druck von Energiekonzernen und der Rüstungslobby. So erklärte C.-F. Prinz von Waldeck, Geschäftsführer des Bundes der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, am 20 Juli 2011 in der Sendung Politikum des WDR5, man müsse nach der Reduzierung der Bundeswehr verstärkt in den Rüstungsexport gehen, wolle man Arbeitsplätze und Entwicklungsstand der Waffen halten. Schneller als die Deutschen waren die US-Amerikaner, Italiener, Briten und Franzosen. Sie handelten schon zwischen 2004-2007 Verträge aus. Im Dezember 2007 stiegen sie mit dem angolanischem Erdölministerium sowie der staatlichen Erdölgesellschaft Sonangol in das Gasgeschäft ein. Erst infolge der Finanzkrise von 2008/09, begann Angola sich nach weiteren Märkten umzuschauen.

Luanda äußert seit 2006 den „Wunsch, mit Deutschland eine strategische Partnerschaft zu schließen.“ Dieser Wunsch wurde immer wieder vom damaligen angolanischen Finanzminister Pedro de Morais während seiner Besuche und auf Veranstaltungen vor Wirtschaftsunternehmern in Deutschland bekräftigt. Und Präsident dos Santos warb bei seinem Berlin-Besuch im Jahr 2009 neben dem Rüstungsdeal mit der Bremer Werft auch für das Multi-Milliarden-Flüssiggas-Projekt.

Mit Deutschland erhofft sich das Regime Angolas zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: eine Finanzmacht für die Eröffnung eines Zielmarktes und die Lösung der Sicherheitsfrage für die maritime Logistik. Beim Aufbau seiner Militärstruktur möchte Luanda allerdings auch auf „traditionelle Partner“ nicht verzichten, etwa die USA und Russland. Ausgerechnet die Zusammenarbeit mit Letzterem könnte es vereitelt haben, dass die Bundeskanzlerin ohne eine angolanische Unterschrift unter das Militärgeschäft aus Luanda abreisen musste.

Die Sicherung der Transportwege für den Flüssiggas-Export über den Golf von Guinea bereitet wegen der verstärkten Piraterie vor der westafrikanischen Küste Kopfschmerzen. Für Angola ist es allerdings von strategischer Bedeutung, diese militärische Aufgabe nicht allein den USA, mit denen im letzten Jahr erst eine engere militärische Zusammenarbeit vereinbart wurde, zu überlassen. Deshalb setzte Sonangol gegenüber ChevronTexaco die Gründung von Joint-Venture-Firmen zu Verschiffung und Liefervergabe von Flüssiggas auf hohe See durch: Sonangol Shipping Holding Ltd. (eingetragen in Bermuda) und Chevron Shipping sowie Angola LNG Supply Services, eingetragen in Delaware (USA).

Militärkooperation
Auch wenn es hier von der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen wird, „bemüht sich Deutschland unter anderem um enge Militärkontakte zur Afrikanischen Union und zu mehreren regionalen Zusammenschlüssen, darunter die bislang stark französisch geprägte westafrikanische Staatengruppe ECOWAS”, schrieb die Neue Rheinische Zeitung am 30.1.2008. Ziel dieser Afrika-Politik sei es: „Unruhen auf dem Kontinent künftig mit Hilfe einheimischer Truppen kontrollieren zu können, was zu einer verstärkten Militarisierung afrikanischer Staaten führt.” So kooperiert die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung seit 1995 mit den Armeeführungen in den ECOWAS-Ländern und die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat 2004 ein regionales „Sicherheitsprojekt für Westafrika“ in Nigeria initiiert.

Auch in Angola ist zu beobachten, dass die deutschen Parteienstiftungen verstärkt mit dem Militär zusammenarbeiten. Die FES z.B. steht seit 2002 in Arbeitspartnerschaft mit dem Centro de Estudos Estratégicos de Angola (CEEA). Dabei handelt es sich um eine Think-Tank-Organisation des angolanischen Militärs, die vom mächtigen und einflussreichen ehemaligen Kriegsführer General João de Matos gegründet wurde. Die FES bietet dem Militär ein breites Forum zur Entfaltung wie zur Verbreitung seiner Vision über die erdölreiche Region am Golf von Guinea über die Landesgrenzen Angolas hinaus. Alles unter dem Deckmantel der Friedens- und Demokratieförderung. Eine kritische Haltung und Distanz zu diesem Machtzentrum Angolas vermisst man. In manchen Fällen werden solche Militärorganisationen von Akteuren aus dem Westen einfach als „zivilgesellschaftliche Institutionen” eingestuft. Ein sehr fragwürdigeres und problematisches Verständnis vom Begriff „Zivilgesellschaft”.

Rüstungshilfe ab 2004
Nach Beendigung des Bürgerkriegs mit der Unita 2002 stieg Deutschland, das bereits zu portugiesischen Kolonialzeiten Düsenjäger und Korvetten nach Portugal für den Einsatz in dessen Kolonien lieferte, in das Rüstungsgeschäft mit Angola ein, wie die Rüstungsexportberichte (REB) der Bundesregierung dokumentieren. Erst im Jahr 2004 ging es richtig los. Den Berichten ist zu entnehmen, dass die Bundesregierung zwischen 2004 und 2008, also schon unter rot-grüner Führung des Duos Schröder-Fischer, keine Bedenken zur Lieferung von Rüstungsgütern an das Regime von dos Santos hatte.

Nach den REB lieferte Deutschland in diesem Zeitraum Landfahrzeuge und Bestandteile, Geländewagen mit Sonderschutz und Teile für fahrbares Bohrgerät, Handfeuerwaffen und Maschinenwaffen im Wert von insgesamt 11,1 Mio. Euro. Laut Bericht von 2007 wurden Spezialpanzer- und Schutzausrüstungen nach Angola geliefert. Dem Bericht von 2008 zufolge lieferte Deutschland Lkw und Teile für Lkw, nach eigener Angabe zum Minenräumen. In dem gleichen Jahr genehmigte die Bundesregierung den Export von einigen Rüstungsgütern aus der Kategorie A0007. Nach Erklärungen aus dem offiziellen Ausfuhrhandbuch fallen unter diese Kategorie chemische oder biologische Agenzien, „Reizstoffe”, radioaktive Stoffe „für den Kriegsgebrauch“, zugehörige Ausrüstung sowie deren Bestandteile.

Hat Deutschland neben den deklarierten Rüstungsgütern womöglich auch biologische und chemische Agenzien geliefert? Der Abgeordneter Paul Schäfer von der Bundestagsfraktion der Linken wollte es genau wissen und fragte im September 2010 beim Staatsminister Dr. Werner Hoyer (FDP) im Auswärtigen Amt (AA) nach. Cornelia Pieper, Staatsministerin im AA, antwortete am 22.10.2010: „Bei den ...für das Jahr 2008 für Angola genehmigten Gütern der Ausfuhrlistenposition A0007 handelte es sich um zwei Hochdruckdampfreiniger zur Dekontamination von militärischen Fahrzeugen. Über das liefernde Unternehmen können zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen keine Angaben gemacht werden.“

Nicht einmal Parlamentarier als Mitglied des Kontrollorgans dürften also erfahren, was Regierende und Wirtschaftselite im Namen Deutschlands im Ausland treiben. In der gleichen Antwort schreibt die Staatsministerin: „Das Auswärtige Amt hat davon Kenntnis, dass die angolanische Marine den strategischen Aufbau einer neuen Flotte plant. Hintergrund ist der Küstenschutz und der Schutz der Offshore-Erdölförderanlagen. Dem Auswärtigen Amt ist ferner bekannt, dass sich deutsche Firmen um einen Teilauftrag aus der Flottenerneuerung bemühen. Hierbei geht es um die Lieferung von Korvetten und Patrouillenbooten.“

Motoren „Made in Germany“
Die angolanische Opposition stellt infrage, dass Angola zum jetzigen Zeitpunkt ausgerechnet „Investitionen für Rüstungsprojekte“ bräuchte. Nach seinem Treffen mit Kanzlerin Merkel äußerte sich Unita-Präsident Isaias Samakuva kritisch zum angekündigten Waffendeal und ermahnte Deutschland, dass „Angola derzeit eher Investitionen für die Entwicklung seiner Menschen und zur Förderung von Wirtschaft für mehr Arbeit im Land braucht, aber keine Rüstungsgüter“. Und ein Oppositionspolitiker aus Luanda, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte, beschwerte sich nach der Merkel-Lobbyreise in einem Gespräch über „undurchsichtige Rüstungsgeschäfte zwischen den beiden Ländern“, die nach seiner Auffassung „über Drittländer und unbemerkt abgewickelt werden“. „In Militär- sowie in repressiven Geheimdienstkreisen Angolas kommen heute viele Rüstungsgeräte oder -technologie Made in Germany in Anwendung“, so der Oppositionspolitiker.

Militärtechnologie „Made in Germany“ steht bei Angolas Machtelite hoch im Kurs. Ein Beispiel dafür ist die Lieferung von Motoren und sonstigen Materialien aus Deutschland, die zum Bau von ersten Panzerfahrzeugen durch die neue Militärmontagefabrik der angolanischen Armee ausschlaggebend waren. Das Ende Juli 2010 von der angolanischen Militärführung in Luanda stolz präsentierte Panzerfahrzeug „TBT-03" soll laut Armeeführung „später auch auf dem afrikanischen Rüstungsmarkt angeboten" werden. Die Aussage des Obergenerals, dass für den Bau dieser ersten Panzerfahrzeuge aus Angola die Motoren aus Deutschland kamen, machte Schlagzeile in allen Landesmedien.

Rüstungslieferungen aus Deutschland entziehen sich leicht der Kontrolle. Was wusste das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über die Lieferung dieser Motoren? Das Auswärtige Amt dementierte gegenüber dem Abgeordneten Schäfer, „zu der möglichen Lieferung von Motoren für einen in Angola montierten gepanzerten Truppentransporter“ Informationen vorliegen zu haben. „Es könnte sein, dass es sich bei den Motoren um genehmigungsfreie Exportgüter handelt.“ Von wegen. Eigentlich verlangt das BAFA im Vorfeld jeder Genehmigung oder im Laufe des Genehmigungsverfahrens für Rüstungsexporte die Preisgabe aller Informationen – bis ins kleinste Detail – sowohl über den Exporteur als auch über den Importeur, selbst über den Endverbrauch und die Zuständigkeit im Empfängerland. Man könnte aus der Antwort der Bundesregierung gegenüber MdB Schäfer schließen, dass der Exporteur diese Motoren als „Dual-Use“-Güter (mit doppeltem Verwendungszweck) eingestuft hat und deshalb nicht zu deklarieren zu glauben meinte. Das widerspricht eindeutig den Richtlinien der Europäischen Union für den Export von Dual-Use-Gütern (EG-Dual-Use-VO (VO (EG) Nr. 13349/2000, ersetzt durch Nr. 428/2009).

Auch die Sicherheitsfirma IBCOL (International Business Company Helicopter Services, Ltd) aus Haar bei München hat mit der angolanischen Diktatur Geschäfte gemacht. Die Firma, die nach eigenen Angaben weltweit Militär- und Polizei-Know-how durch Ausbildung von „Sondereinheiten z.B. zur Aufstandsbekämpfung in Konfliktsituationen” anbietet und der Kontakte zu der berüchtigten britischen Söldnerfirma Sandline International nachgesagt werden, hat nach Angaben des AA im Jahr 2008 „über mehrere Monate im Auftrag des angolanischen Innenministeriums Polizeikräfte ausgebildet“ (Antwortschreiben an MdB Schäfer vom 22.10.11). Ob sich die Aktivitäten der Firma auch auf die Exklave Cabinda erstreckt haben, ist dem AA nicht bekannt. Fraglich ist, inwieweit die Ausbildung von ausländischen Polizeikräften durch eine private Sicherheitsfirma aus Deutschland verfassungsmäßig und gesetzlich erlaubt ist.

Auch die 1993 gegründete angolanische Sicherheitsfirma „Alfa-5“, mit Merkmalen einer privaten Armee und gegründet von einem mächtigen General, verfügt über gute Kontakte zu den deutschen Firmen aus der Branche. Hinter Alfa-5 stecken Blut und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, besonders in den beiden diamantenreichen Lunda-Provinzen. Ausgerechnet diese Privatarmee „Alfa-5” wurde im Februar 2006 in Frankfurt mit dem Internationalen Preis der Sicherheitstechnologie ‚Arch of Europe‘” geehrt, als Gütesiegel für die „gute Qualität von Diensten, die sie in Angola anbietet”, so nach eigener Angabe dieser Firma. Man kann davon ausgehen, dass „Alfa-5” die Ausrüstungen für seine Privatarmee auch aus Deutschland bezieht, sind doch Rüstungstechnologien „Made in Germany” bei den Machthabern Angolas sehr beliebt.

Nähere Informationen in dem issa-dossier „Deutsche Wirtschaftsinteressen In Angola“, Bonn, April 2011.

Quelle: Informationsstelle südliches afrika e.V. (issa) aus der Zeitschrift "afrika süd"