Mehrere Gerichtsprozesse in Bonn gegen Friedensaktivisten

In den nächsten Wochen wird es eine Serie von Prozessen gegen Kriegsgegner vor dem Amtsgericht Bonn geben. Darunter die Herforder Berthold Keunecke und Gerd Büntzly. Sie wehren sich gegen die Verhängung eines Bußgeldes wegen unerlaubten Betretens eines Militärgeländes im Sommer 2015. Es handelt sich dabei um das Gefechtsübungszentrum Altmark, auch Colbitz-Letzlinger Heide genannt. Dort wird gerade mit Millionenaufwand eine Übungsstadt mit Namen Schnöggersburg gebaut, um den Krieg in Städten üben zu können. Der Truppenübungsplatz gilt als der modernste Europas und wird zur Übung vor jedem Auslandseinsatz des Heeres genutzt.

  • Der erste Prozess beginnt im Amtsgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, gegen Gerd, am Dienstag den 17.01.2017 um 8:45 Uhr
    dann folgen die Amtsgerichts-Termine:
  • gegen Ingrid am 09.02.2017 um 12:00 Uhr
  • gegen Heinz am 14.02.2017 um 12:00 Uhr
  • gegen Berthold am 14.02.2017 um 13:00 Uhr

Die Aktivisten möchten diesen Prozess nutzen, um die grundgesetz- und völkerrechtswidrigen Planungen für Angriffskriege der Bundesrepublik an die Öffentlichkeit zu bringen. Ihre Begründungen sind dabei unterschiedlich, je nach dem persönlichen Hintergrund.


Büntzly:
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hatte ich den Eindruck, in einem geradezu geisterhaften Klima zu leben. Man hat die Bundeswehr in alle Welt geschickt, zu Einsätzen im Balkan, im Kongo, im Nahen Osten, in Afghanistan. Gleichzeitig herrscht in der veröffentlichten Meinung dazu eine erstaunliche Gelassenheit, gar Gleichgültigkeit vor. Beinahe niemand erregt sich über diese Einsätze, das einzige, was zu hören ist, geht in die Richtung, die Deutschen täten noch viel zu wenig und müssten sich mehr ihrer „Verantwortung“ stellen. Mit „Verantwortung“ ist regelmäßig gemeint, dass man mehr Waffen, mehr Kriegsgerät, mehr Soldaten entsenden müsse. Ein Minister, der kalauert, unsere Freiheit müsse in der Zukunft am Hindukusch verteidigt werden, wird nicht etwa öffentlich zerrissen und muss sein Amt aufgeben, nein, dieses wahrscheinlich sogar ironisch gemeinte Wort wird mit freundlichem Beifall aufgenommen, der ironische Unterton dabei wird sogar übernommen, aber im Sinne: Wir dürfen uns inzwischen alles leisten, natürlich glauben wir nicht mehr an Demokratie und solche Sachen, wer noch naiv genug ist, das zu glauben, ist selbst schuld, wir glauben nur noch an die Machtpolitik.

Keunecke:
Ich habe die Grenze des militärischen Sicherheitsbereiches überschritten, weil ich mich in einem seelischen und juristischen Notstand befand, der eigentlich schon seit 1999 anhält und darin besteht, dass das Militär meines Landes – die Bundeswehr – im Auftrag der Regierung meines Landes wiederholt Grenzen überschreitet, und damit Verbrechen gegen das Völkerrecht und gegen die Menschlichkeit begangen hat und weiter begeht, ohne dafür (bisher) zur Rechensschaft gezogen worden zu sein. Ich möchte unsere Gesetze gerne einhalten, weil sie grundlegend das Verhalten der Bürger eines Landes und der Nationen ordnen können, aber wenn ich erlebe, dass eine bestimmte Institution – die Bundeswehr im NATO- Verband – schwere Gesetzesverstöße verübt, fühle ich mich genötigt, sie persönlich dafür zur Rechenschaft zu ziehen, solange die Staatsanwaltschaft das versäumt. Ich überschreite die von ihr gesetzten Grenzen, und achte dabei darauf, in einem gewaltfreien Sinne zu handeln, meine Gegner nicht zu verletzen und ihnen mit Respekt gegenüber zu treten.