CODEPINK - Frauen für den Frieden (USA) bekommt den Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis

von Elsa Rassbach

CODEPINK benennt sieben Delegierte, die im April Bayreuth reisen werden um den Wilhelmine-Toleranz-Preis entgegenzunehmen.

1. März 2016 — Am Montag benannte CODEPINK die sieben Delegierten, die nach Bayreuth reisen werden, um den Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Toleranz und Humanität in kultureller Vielfalt am 15. April 2016 entgegen zu nehmen. Der Bayreuther Preis, mit 10.000 Euro dotiert, wird von den CODEPINK-Mitgliedern Toby Blomé, Martha Hubert und Barbara Briggs-Letson aus Kalifonien; Leslie Harris aus Texas; Josie Lenwell aus New Mexico; Elsa Rassbach aus Colorado und Deutschland; und Ann Wright aus Hawaii entgegengenommen werden.

CODEPINK WOMEN FOR PEACE ist eine international anerkannte US-amerikanische Friedens- und Menschenrechtsorganisation, an die schon zahlreiche Preise verliehen wurden, wie der renommierte Aachener Friedenspreis 2014.

Am 24. Februar bestätigten die Mitglieder des Bayreuther Stadtrates, dass CODEPINK den Wilhelmine-Preis in einer öffentlichen Zeremonie am 15. April 2016 verliehen bekommt. Der Stadtrat hatte bereits beinahe zwei Jahre zuvor auf Empfehlung der Bayreuther Universität beschlossen, den Preis 2016 an CODEPINK zu verleihen, und im Juni 2015 gab die Stadt eine Presseerklärung heraus, um die Preisverleihung anzukündigen. 

Aber im Februar d. J. hatten Beiträge in der Zeitung The Jerusalem Post eine Debatte in den deutschen Medien über die Verleihung durch Bayreuth an CODEPINK ausgelöst. In seinen Beiträgen in der Jerusalem Post hatte der Journalist Benjamin Weinthal, ein „Research Fellow“ der neokonservativen US-amerikanischen „Stiftung für die Verteidigung der Demokratien“ (Foundation for the Defense of Democracies), dessen Führungsgremium den früheren CIA-Leiter James Woolsey zum Vorsitzenden hat, die Teilnahme der Mitbegründerin von CODEPINK, Medea Benjamin, an einer Konferenz im Iran 2014 kritisiert. Herr Weinthal hat auch behauptet, dass CODEPINK das Existenzrecht Israels verneint, was Sprecherinnen von CODEPINK wiederholt zurückgewiesen haben.

CODEPINK unterstützt wie auch die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Deutschland (http://www.juedische-stimme.de/?p=1931) und den USA und viele andere Gruppen die von Palästinensern angeführte internationale Bewegung Boykott, Divestment und Sanktionen (BDS) in Bezug auf die besetzten Gebiete und befürwortet einen Konsumentenboykott von Produkten von u. a. israelischen Firmen, die unter Benutzung von Ressourcen, die den Palästinensern gehören (wie z. B. das Salz aus dem Toten Meer), produziert werden. CODEPINK hat neulich zusammen mit der US-amerikanischen Jewish Voices for Peace zu einem Boykott von Urlaubswohnungen durch AirBnB aufgerufen, die Unterkünfte für Touristen in den illegalen israelischen Siedlungen im Westjordanland anbietet.

Die Oberbürgermeisterin von Bayreuth, Frau Brigitte Merk-Erbe, hat einige Beschwerdebriefe erhalten, aber auch viele Briefe von Unterstützer*innen von CODEPINK in Deutschland, den USA, und anderswo – auch von prominenten Sprecher*innen der deutschen jüdischen Bevölkerung. Auch CODEPINK-Delegierte haben an die Oberbürgermeisterin geschrieben.

Nach Sichtung der von CODEPINK zur Verfügung gestellten Unterlagen und einer ausführlichen Diskussion in der Stadtratssitzung am 24. Februar hat eine Mehrheit des Stadtrats die Entscheidung bestätigt, den mit 10.000 Euro dotierten Bayreuther Preis 2016 in einer öffentlichen Feier am 15. April an CODEPINK Women for Peace zu verleihen. Bei der Stadtratssitzung am 24. Februar hat kein einziges Mitglied des Bayreuther Stadtrats dafür geworben, die Preisverleihung an CODEPINK abzuerkennen, wie es die Oberbürgermeisterin vorgeschlagen hatte. 

Das Mitglied der CODEPINK-Delegation nach Bayreuth aus New Mexico, Josie Lenwell, Fotografin und Psychotherapeutin, schrieb in ihrem Brief an OB Merk-Erbe: „Mindestens die Hälfte der Delegation, die nach Bayreuth kommt, ist jüdisch. Wir alle haben Familienmitglieder im Holocaust verloren und wir sind Enkel und Urenkel der Überlebenden des Holocaust. Wie könnten wir verleugnen, was geschehen ist? Wir stehen auf der Seite des jüdischen und des arabischen Volkes. Wir stehen auf der Seite aller Völker und wir sind gegen alle Versuche einer Gruppe, eine andere Gruppe zu unterdrücken. Als Juden haben wir eine lange und traurige Geschichte der Unterdrückung und des Völkermordes. Als Juden werden wir nicht unsere Unterdrückung und unseren erlebten Völkermord missbrauchen, um die Unterdrückung anderer zu rechtfertigen. Wir sind gegen Zionismus, weil wir wissen, dass Zionismus nicht Judentum ist. Keine Gruppe der Menschheit ist hat Vorrang vor, oder ist überlegen über eine andere Gruppe.“

Ann Wright von CODEPINK, Oberst der US-Armee im Ruhestand und ehemalige Diplomatin, die im April mit der Gruppe nach Bayreuth reist, betonte: „CODEPINK hat nie Erklärungen gemacht, die das Existenzrecht Israels verneinen. Aber wir bestehen darauf, dass Israel seine illegalen Handlungen in der West Bank und Gaza beendet. Wir sind der festen Meinung, dass sich Israel an internationales Recht halten und tatsächliche Gleichberechtigung aller seiner jüdischen und arabischen Staatsbürger*innen verwirklichen muss. Viele jüdische Israelis vertreten die gleiche Position.“

Medea Benjamin, zu ihrer Teilnahme an einer Konferenz 2014 in Teheran befragt, sagte, dass, sie nicht, wie Herr Weinthal in seinen Beiträgen in der Jerusalem Post angedeutet hat, an der 2006 von der iranischen Regierung geförderten Konferenz teilgenommen habe, zu der Mahmoud Ahmadenijad (iranischer Präsident 2005 bis 2013) auch Holocaustleugner eingeladen hatte.

„Ich bin dreimal in den Iran gereist, immer mit dem Ziel, Toleranz und Diplomatie zu unterstützen. Bei der Konferenz von 2014 war ich eingeladen, um mein neues Buch über die Drohnenkriegsführung vorzustellen. Ich reiste mit US-amerikanischen Gelehrten dorthin, die an der Vereinbarung mit dem Iran über atomwaffenfähiges Material arbeiteten, einer Sache, die CODEPINK aktiv unterstützt hat. Ich habe meine Zeit im Iran damit zugebracht, darüber zu sprechen, wie wichtig es ist, zu einem Abkommen zu kommen, um einen weiteren katastrophalen Krieg zu verhindern. Wir glauben an die Diplomatie von Mensch zu Mensch“, erklärte sie, „und wie bei jeder Diplomatie nehmen wir nicht an, dass alle Leute, die wir treffen, dieselben Standpunkte vertreten wie wir. Würde ich einen Holocaust-Leugner treffen, würde ich ihm mit deutlichen Worten sagen, dass seine Ideen empörend, unwahr, gefährlich und sehr schmerzhaft für jüdische Menschen und viele andere sind. Ebenso argumentiere ich gegen jeden Rassisten, den ich in den USA treffe.“ 

Elsa Rassbach, Sprecherin von CODEPINK in Deutschland, erinnerte sich daran, dass nach der Abstimmung im Bayreuther Stadtrat am 24. Februar, sie kurz im Büro der Oberbürgermeisterin vorbeischaute, um mitzuteilen, dass CODEPINK gerne mit der Oberbürgermeisterin, der Stadt und der Universität zusammenarbeiten werde, um sicherzustellen, dass die Preisverleihung am 15. April ein Erfolg werde. „Ich hatte den Eindruck, dass die Bürgermeisterin sich wirklich über meine tolerante Einstellung gefreut hat,“ sagte Frau Rassbach, die in den USA beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen als Executive Producer arbeitete und jetzt selbständige Dokumentarfilmemacherin und Journalistin ist.

Mit dem Wilhelmine-Toleranz-Preis wurden u. a. schon Madjiguène Cissé, die Gründerin des Frauennetzes für nachhaltige Entwicklung in Afrika, Hassan ibn-Talal aus Jordanien, und der israelische Dirigent Daniel Barenboim ausgezeichnet.

In Verbindung mit der Reise nach Bayreuth zum Empfang des Preises plant die CODEPINK-Delegation eine Vortragsreise in Deutschland vom 7. bis 19. April. „Wir alle bei CODEPINK und viele andere hier in Deutschland freuen uns auf produktive Diskussionen darüber, wie deutsche und US-Bürger*innen, so wie Bürger*innen aller Länder, zusammenarbeiten können, um eine gerechtere und friedlichere Welt zu schaffen,“ sagte Elsa Rassbach.

Webseite von CODEPINK