Chance auf Frieden in der Ukraine nicht aufs Spiel setzen
von IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War)
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW sieht in dem Minsker Abkommen weiterhin eine Chance, einer friedlichen Lösung im Ukraine-Konflikt näher zu kommen. Diese sollte jetzt auf keinen Fall und von keiner Seite aufs Spiel gesetzt werden. "Wir rufen Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf, sich in Paris weiterhin für die Einhaltung der Beschlüsse einzusetzen. Forderungen nach weiteren Sanktionen, Waffenexporten oder sonstiger Militärhilfe würden den fragilen Weg einer Deeskalation gefährden und das Leid der Menschen in der Ukraine vergrößern", erklärt die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst.
Der Umgang mit dem Konflikt hat die Beziehungen im eurasischen Raum schon jetzt schwer beschädigt. Die USA und Russland stellen zunehmend bestehende Rüstungskontrollabkommen in Frage, zuletzt den Vertrag zur Beseitigung von nuklearen Mittelstreckenraketen (INF-Vertrag). Stattdessen investieren beide Atommächte in die Modernisierung ihrer nuklearen Arsenale. Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel lagern bis zu 20 US-Atombomben des Typs B61, die zurzeit zu hohen Kosten modernisiert werden. Im Kriegsfall könnten die in Deutschland stationierten US-Atombomben von deutschen "Tornado"-Kampfjets abgeworfen werden.
Bis zum heutigen Tag stehen auf Seiten der USA und Russland geschätzte 2.000 strategische Atomwaffen in höchster Alarmbereitschaft. Sie können binnen Minuten zum Einsatz kommen und auch heute noch die gegenseitige Vernichtung einleiten. Michail Gorbatschow warnte kürzlich davor, dass ein eskalierender Krieg zwischen NATO und Russland unweigerlich in einen Atomkrieg münden werde. Ende Januar hat das Bulletin of the Atomic Scientists die „Weltuntergangsuhr“ auf drei Minuten vor Zwölf vorgestellt. Das letzte Mal, dass die Gefahr eines "Weltuntergangs" so hoch eingeschätzt wurde, war 1984 – als die Beziehung zwischen den beiden Supermächten USA und Sowjetunion einen Tiefpunkt erreicht hatte.
Was die IPPNW in den 80er Jahren erklärt hat und wofür sie 1985 den Friedensnobelpreis erhalten hat, gilt auch heute noch: Die Folgen des Einsatzes von Atomwaffen sind nicht beherrschbar. Kürzlich erst erinnerte der Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes Peter Maurer in Genf an die katastrophalen Folgen eines Atomwaffeneinsatzes und rief zu ihrem Verbot auf. Der gewaltsame Konflikt in der Ukraine darf nicht weiter eskalieren, sondern muss so schnell wie möglich beigelegt werden.
Die IPPNW unterstützt Möglichkeiten der Zivilen Konfliktbearbeitung, wie die von Andreas Buro und Dr. Karl Grobe-Hagel vorgelegte Roadmap für den Frieden in der Ukraine. Wichtige Forderungen in diesem Dossier ("Der Ukraine-Konflikt - Kooperation statt Konfrontation") sind die Ausarbeitung einer föderativen Verfassung, die der Heterogenität der Ukraine gerecht wird, die Anerkennung und Respektierung der ukrainischen Neutralität durch alle Akteure und eine tatsächliche Implementierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit allen Seiten. Zu diesem Ziel sollte eine Dauerkonferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit wie früher einmal die KSZE eingerichtet werden, eventuell im Rahmen der OSZE. So könnte die Ukraine eine wichtige Rolle als Brücke zwischen West und Ost und zur Befriedung der Region spielen.
Die IPPNW hat unter dem Motto "Wir weigern uns, Feinde zu sein" eine Social-Media-Kampagne gestartet. Damit wollen wir unserer Forderung nach friedlichen Lösungen der Ukraine-Krise ein Gesicht geben. Auf Facebook und Twitter laden Menschen u.a. Fotos mit dem Schild „We refuse to be enemies“ - angefangen mit Menschen aus der Ukraine und Russland.
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