Die Kirche schuf ihre Heiligen um den Gläubigen Beispiele dafür zu geben, dass Tugend und Demut im Himmel belohnt werde und dass es selig sei, auf Erden zu leiden. Die Heiligen unseres zeitgenössischen Kultes sind die Helden, Vorbilder des Opfermutes für das Vaterland. Der Heldentod ist für den Vaterlandsgläubigen das selbe, wie der Märtyrertod dem Heiligen. In schweren Fällen von Geistesverwirrung durch den Krieg gingen ihm ganze Scharen von Jünglingen singend und jubelnd entgegen. Die Heldenverehrung wird von den kriegserhaltenden Elementen ebenso eifrig propagiert wie die Heiligenverehrung von der Kirche des Mittelalters. Die ganze Geschichte des Staates wird systematisch auf Heldentaten zurückgeführt; hinter allem und jedem, was der Entwicklung und Größe des Vaterlandes förderlich war, stehen Helden. ... Das die Heldengeschichte Legende ist, die Helden aber arme Opfer, die sich töten lassen mussten wie die Gladiatoren in der römischen Arena, weil andere Mächtigere ihre perverse Freude am Töten oder Töten lassen hatten, davon schweigt die Heldengeschichte. In Wirklichkeit gab es im Kriege keine Helden. Im Felde sah man nur Angst und Verzweiflung. Wahres Heldentum wäre allein die Auflehnung gegen die Versklavung gewesen, die die Menschen in Tod und Qualen trieb. Emil Flusser (1888-1942), "Krieg als Krankheit", 1932
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