Auch die Linksjugend [solid] Bonn protestiert gegen den "Tag der Bundeswehr"
von Sören Becker
Wir sind von der Linksjugend [solid] Bonn und haben mit unserer kleinen Flashmob-Aktion, bei der wir als Opfer auf der Straße liegen, hier effektiv deutlich gemacht was die Konsequenzen der neuen deutschen Militärpolitik sind. Die Bundeswehr hat hier zugegebenermaßen ein ganz tolles Fest organisiert, aber es handelt sich um eine dünn verhüllte Werbeveranstaltung. Alle Gäste die hier sind, sind nur interessant weil es sich um potentielle Rekruten handelt. Die Bundeswehr macht sich diese Mühe nicht weil sie so menschenfreundlich ist, sondern weil sie sich dank ausgesetzter Wehrpflicht um Nachschub für den nächsten Auslandseinsatz bemühen muss. Ihr seid für die Generäle und Offiziere nicht als Menschen interessant sondern als Kanonenfutter.
Die Bundeswehr wurde ausdrücklich als Verteidigungsarmee, d.h. zur Verteidigung des Staatsgebiets der Bundesrepublik Deutschland, gegründet. Deutschland wurde noch nie militärisch angegriffen. Trotzdem sind 7500 deutsche Soldaten, in aller Herren Länder im Einsatz. Von Syrien bis Somalia vom Balkan bis Afghanistan. In vielen Fällen handelt es sich um Kampfeinsätze. Legitimiert werden diese durch zwei Gründe. Erstens durch die angebliche Verteidigung von Menschenrechten. Da werden rührende Geschichten hervorgekramt. Kleine Mädchen denen eine Schulbildung ermöglicht werden soll, Frauen die ohne Burka in die Stadt wollen.
Fakt ist allerdings: Kein Auslandseinsatz hat je nur eins dieser Ziele ansatzweise erreicht oder es überhaupt versucht. Auslandseinsätze sind Krieg und Krieg ist die Hölle.
In Afghanistan sind mehr Leute arm als vor dem Einsatz des Westens, weniger Leute haben Zugang zu sauberem Wasser und die Taliban sind stärker als je zuvor. Lybien Syrien und der Irak sind durch amerikanische Bomben zu failed states gemacht worden. Während der Westen und allen vorran die deutsche Wirtschaft Saudi Arabien, wo Frauen seit neuestem Auto Fahren dürfen und Dieben die Hand abgehackt wird, mit Waffen zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung vollpumpt. Es geht nicht um Frauenrechte und Mädchenschulen sondern um wirtschaftliche Interessen.
Zweitens werden Auslandseinsätze durch angebliche Sicherheitszusammenhänge legitimisiert. Terrorismusbekämpfung ist das Zauberwort. Peter Ustinov hat mal gesagt, dass Terror nur der Krieg des kleinen Mannes ist. Daraus folgt dass Krieg der Terror der Reichen ist. Das Elend dass kriegerische Maßnahmen verursachen ist Wasser auf den Mühlen von IS Taliban und co. Westliche Mächte treten im Irak und Afghanistan als Besatzer auf, bomben ganze Städte in den Staub und wundern sich wenn die Bevölkerung dem Feind in die Arme läuft. Terror kann nicht mit Krieg bekämpft werden. Genauso gut kann man auch einen Waldbrand mit dem Flammenwerfer löschen.
Deutschland ist wieder eine Militärmacht. Jeder der mal unserem Bundespräsidenten zugehört hat wird das umgehend klar. Dass im Grundgesetz ein Verbot von Angriffskriegen festgeschrieben ist wird, mit juristischen Spitzfindigkeiten über die Definition eines Krieges, umgangen. Ein Krieg ist nämlich angeblich nur zwischen zwei Staaten, während die Gruppen die bekämpft werden „Aufständische“ oder „Rebellen“ sind. Pure Propaganda. Krieg ist wenn zwei organisierte Gruppen in großem Maßstab miteinander kämpfen. Basta! So wurde das Wort für Jahrtausende verwendet bis die Bundesregierung in Afghanistan einfallen wollte und den Balkan bombardiert hat. Der momentan große Feind der Weltgemeinschaft nennt sich buchstäblich islamischer Staat und ist effektiv in jedem Belang genau das: Ein Staat. Es gibt keine scharfe Trennung zwischen Staaten und Nicht-Staaten die Grenzen sind fließend. Trennungen sind hohle Spitzfindigkeiten, die der Täuschung der Bevölkerung dienen.
Die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 2011 machen den Umbau der Bundeswehr zur Offensivarmee endgültig. Die deutschen Streitkräfte werden zu schlagkräftigen und weltweit jederzeit einsetzbaren Kampftruppen umgebaut. Es wird nicht mal mehr versucht die Fiktion aufrecht zu erhalten, dass sie zur Landesverteidigung eines Staates dient der von Freunden umzingelt ist. Sie dient zur Interessensicherung der deutschen Wirtschaft. Ob vor somalischen Piraten die vor lauter Elend mit Fischerbooten deutsche Tanker angreifen oder vor afghanischen Stammesältesten die nicht wollen dass durch ihr Gebiet eine Pipeline gebaut wird von deren wirtschaftlichem Ertrag sie nichts abbekommen.
Die Bundeswehr wird auch immer öfter im Inneren des Landes eingesetzt. Zuletzt zum Beispiel 2007 als gegen die G8-Gipfel in Heiligendamm und 2015 in Elmau demonstriert wurde. In Heiligendamm sind 2400 Soldaten eingesetzt worden das ist die Hälfte des Kontingents das nach Afghanistan geschickt wurde. Gegen weitestgehend friedliche Proteste. Das ist nicht nur moralisch abstoßend sondern auch offen verfassungswidrig.In Artikel 35 des GG steht dass die Bundeswehr keine polizeiliche Tätigkeiten im Inland aufnehmen darf. Die allerschönste Verfassung ist nichts wert wenn man sich nicht drum schert was drin steht. Aber die bürgerlichen Parteien interessieren sich nur für Demokratie so lange es gut aussieht und in den Kram ihrer großkapitalistischen Mäzen passt, aber die Linkspartei wird vom Verfassungsschutz überwacht.
Die Bundeswehr dient einer und nur einer Sache: Sie hat den Auftrag Deutschland vor den Folgen der eigenen und der westlichen Außenpolitik zu schützen. Sie ist ein Instrument das dazu dient Verantwortung zu entgehen und die hässlicheren Realitäten der deutschen Existenz als selbsternannte Mittelmacht, zu verhüllen.
Wir fordern deshalb kurzfristig, dass die Bundeswehr nicht weiter für Militärinterventionen im Ausland eingesetzt wird. Die Bundeswehr muss so umstrukturiert werden, dass sie ausschließlich zur Verteidigung eingesetzt werden kann. Das war und ist die richtige und notwendige Konsequenz aus den beiden Weltkriegen, die im vergangenen Jahrhundert von deutschem Boden ausgingen. Deutsche Außenpolitik darf nie wieder mit dem Recht des Stärkeren argumentieren.
Weiterhin fordern wir: den Verteidigungsetat zu verkleinern, die Bundesregierung hat 2015 32 Milliarden für Verteidigung ausgegeben, der einzige Etat der trotz schwarzer Null aufgestockt wurde.
Wir fordern die Werbung für die Bundeswehr an Schulen zu beenden und diese nicht für Rekrutierungszwecke zu missbrauchen; auch keine Jugendoffiziere in Schulen, Universitäten und Arbeitsagenturen zu schicken; es ist ekelhaft zu versuchen Kinder und Jugendliche für den Dienst an der Waffe zu begeistern und die Verzweiflung des Prekariats auszubeuten.
Wir fordern: Eine verpflichtende Zivilklausel für Universitäten, um zu verhindern dass Wissenschaft zum Handlanger der Armee wird, und auf Geldtöpfe der Bundeswehr angewiesen ist
Wir fordern: die endgültige Abschaffung der Wehrpflicht, nicht nur ihre Aussetzung.
Wir fordern: Ein endgültiges Verbot des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren.
Langfristig muss die Bundeswehr aufgelöst werden, denn sie ist ein Instrument des deutschen Imperialismus und hat in einer fortschrittlichen Politik nichts zu suchen.
Danke für eure und ihre Aufmerksamkeit.
Bilder vom Tag der Bundeswehr in Bonn, am 11.06.2016 (Fotos von Frans Valenta)
Bilder vom Tag der Bundeswehr in Bonn, Teil 1
Bilder vom Tag der Bundeswehr in Bonn, Teil 2
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