Bundeswehr oder das Wohl der SchülerInnen - beides zusammen geht nicht

von Bernhard Trautvetter

Wenn die Gewerkschaften und die Vertreter der Friedenspädagogik die Bundeswehr und die Nato als ungeeignet für die Friedenserziehung einschätzen, dann hat das Gründe darin, dass führende Nato-Staaten eine ungebrochene Tradition der Verstöße gegen das Friedensgebot des Völkerrechte und des Grundgesetzes zu verantworten haben. In NRW kommen noch das Gebot zur Erziehung zur Friedensliebe aus der Landesverfassung und dem Grundgesetz hinzu.

Unsere Kritik richtet sich gegen Kriegseinsätze ohne völkerrechtliches Mandat sowie gegen den jahrzehntelangen Verstoß gegen Artikel VI des Atomwaffensperrvertrages, demzufolge die Mächte darauf hinzuwirken haben, dass es zu einer vollständigen nuklearen Abrüstung kommt. Stattdessen beschloss etwa die letzte Nato-Konferenz in Chicago die Modernisierung der Atomwaffen, auch der noch in Deutschland liegenden, an denen die Bundeswehr mit Tornados "Nukleare Teilhabe" übt. Der Internationaler Gerichtshof hat 1996 die Androhung und Benutzung der Atombombe als völkerrechtswidrig bezeichnet. Diese Waffe unterscheidet nicht zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten und erfüllt somit ein Definitionskriterium für Terror.

 

Hinzu kommt die Fürsorgepflicht, die wir Pädagogoen gegenüber den oft recht leicht verführbaren jungen Menschen inne haben: Es geht nicht alleine darum, sie vor Tod oder körperlicher Verletzung zu schützen. Hinzu kommt der notwendige Schutz vor dem posttraumatischen Belastungssyndrom. Hier gibt es viele Berichte darüber, wie alleine gelassen sich viele Betroffene erleben, die mit der seelischen Last sich viel zu stark selber überlassen bleiben. Die Bundeswehr hat viel zu wenige Fachkräfte zur Therapie dieser Krankheit, die sehr oft zu einem Selbstmord führt, die aber auch ohne eine solche unkorrigierbare Handlung eine Vielzahl von Leben aus der Bahn gebracht hat.

Es gibt Kritik an der Unterschriftensammlung "Lernen für den Frieden", weil dort gesagt wird, der Einfluss der Bundeswehr auf Schulen ...ziele auf die "Vorbereitung, Akzeptanz und Normalisierung von Krieg als Mittel der Politik". Das klingt hart für eine im Grundgesetz verankerte Institution. Doch die Fakten bestätigen diese Bewertung, sagte etwa der Bundesverteidigungsminister zum Abschluss der "Afghanistan-Mission" (was für ein Wort!!), die Bundeswehr habe in Afghanistan "kämpfen gelernt". Dem entspricht die Tatsache, dass der Friedensgedanke bei der Arbeit der Bundeswehr zunehmend durch den Begriff "Sicherheit" ersetzt wird. Konkret geht das so weit: "Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung sind für die Zukunft Deutschlands und Europas von vitaler Bedeutung." Das ist mit Sicherheitspolitik zu schützen, so "Die Neuausrichtung der Bundeswehr - Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortungübernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten" auf der Website der Bundeswehr.

Die Bundeswehr wirbt mit Bücher-studierenden Soldaten in der Ausbildung sowie Müttern, die über das Bundeswehrstudium froh sind und blendet auf diesen großformatigen Anzeigen etwa in der Frankfurter Allgemeinen und der ZEIT die Kriegsrealität komplett aus. Wenn derartiges in Schule erfolgt, widerspricht es dem Überwältigungsverbot des Beutelsbacher Konsenses.


Die Einübung in friedliche Regulation von Konflikten im Rahmen der Friedenserziehung kann nicht unter Einbeziehung der Bundeswehr erfolgen.

Manche Pädagogen werden mit den Pol&IS-Planspielen für Schüler gelockt, ihre Klassen in diese Simulation sog. Realitäten der Weltpolitik einzubeziehen. Dieses Spiel allerdings geht selbst wiederum auch so weit, dass sogar der Einsatz von Atomwaffen unter bestimmten Bedingungen infrage kommt, wenn nämlich alle an der Konsultation beteiligten Staaten dies bejahen. Also ist es auch hier richtig, Friedenserziehung in einer Schule ohne Bundeswehr zu praktizieren.

Die Bedingung, die Bundeswehr "nur" dann einzuladen, wenn auch VertretreterInnen der Friedensbewegung eingeladen werden, hält der Realität ebenfalls nicht stand, weil die Bundeswehr ihren Werbe-Etat aufstockt und medial umfassend ausgerüstete Hauptamtliche in die Schulen entsenden kann, während die Friedensbewegung keine gleichartigen Möglichkeiten hat. Wer sich trotzdem für Kooperationsvereinbarungen zwischen Landesministerien, die für Bildung und Schulen verantwortlich sind einerseits und der Bundeswehr andererseits einsetzt, übergeht bewusst oder unbewusst Zusammenhänge, die man nicht übersehen bzw. übergehen darf,  wenn man Schule gestalte. Denn Schule hat vom Wohl der jungen Menschen in ihr auszugehen.

Hinzu kommt, dass die Bundeswehr nun auch noch Kräfte bereitstellt, die als Regionale Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSUKr) für den Einsatz nach innen vorgesehen sind, deren Einsatz gegen Streikende und Demonstranten nach Auskunft der Bundesregierung ein Frage "des Einzelfalls" ist.

Die Frage der Friedenserziehung ist also eine Frage der Demokratie.

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