Ich sah den Frieden jüngst hernieder steigen,
Er streute Blumen rings und lichtes Gold;
In allen Tälern schlief ein holdes Schweigen,
Wo eben noch des Krieges Sturm gegrollt.
"Erwacht!" so klang's von seinem Göttermunde,
Erwacht vom Ebro zu der Wolga Strand!
Schließt Eure Reih'n zum großen Völkerbunde
Und reichet Euch die Hand!

 

Hellenen, Russen, Italiener, Briten,
Erwacht, es naht die große Stunde nun!
Ihr Söhne Deutschlands habt genug gestritten.
Und Ihr, Franzosen, lasst die Schwerter ruhn!
Ihr alle blutet an derselben Wunde;
Zerbrecht die dumpfe Kette, die Euch bannt!
Schließt Eure Reih'n zum großen Völkerbunde
Und reichet Euch die Hand!

 

Ich sah so oft den Abendhimmel glänzen,
Gemalt von Eurer Hütten düstrer Glut -
Blind rast der Mord, und rings an Euren Grenzen
Ist keine Ähre rein von Menschenblut.
Des Wahnsinns Sklaven bis auf diese Stunde,
Trugt Ihr Verwüstung in der Brüder Land:
Schließt Eure Reih'n zum großen Völkerbunde
Und reichet Euch die Hand!

 

Ruhm jedem Edlen, der die Freiheitsfahne
Im Dienst des Friedens segensvoll erhebt.
Tod dem Eroberer, der im Fieberwahne,
Was Gott geeinigt, zu zerreißen strebt!
Stürzt ihm hinab zum tiefsten Höllenschlunde,
Werft seine Burgen prasselnd in den Sand!
Schließt Eure Reih'n zum großen Völkerbunde
Und reichet Euch die Hand!

 

Hold zu der Auferstehung Morgenfeier
Ertönt des Gesetzes Melodie!
Baut eure Fluren, während klingt die Leier,
Fromm, an der Hand der Liebe, erntet sie!
Im Licht des Friedens heilt die letzte Wunde,
Zum Himmel wird der Erde stilles Land:
Schließt Eure Reih'n zum großen Völkerbunde
Und reichet Euch die Hand!

Pierre-Jean de Béranger (1780-1857), 1818