An die Könige

Soll wieder eine ganze Welt vergehen?
Bricht wieder eine Sündfluth ein?
Und sollen wieder alle Tempel und Trophäen
Berühmte Trümmer seyn?

Und alle Künste spät aus Asch′ und Moder
Und Todtengrüften aufersteh′n,
Und aus der Nacht des regellosen Zufalls oder
Auf ewig untergeh′n?

Wenn nun die weise Vorwelt ausgestorben,
Das unerzogne Kindeskind
Ein Räuber ist; die nicht zu Räubern angeworben,
Armsel′ge Pflüger sind? -

O ihr, verderblicher, als der entbrannte
Vesuv, als unterirdische
Gewitter! ihr des magern Hungers Bundsverwandte,
Der Pest Verschworene!

Die ihr den schnellen Tod in alle Meere
Auf Donnergaleonen bringt,
Und von Lisboa bis zum kalten Oby Heere
Zum Wechselmorde dingt!

Und ach! mit Deutschlands Bürgern Deutschlands Bürger
Zerfleischet, einen bessern Held,
Der Brennen weisen König zu betrüben, Würger
Der Welt und Afterwelt!

Wenn eurer Mordsucht einst ein Friede wehret,
Der jedem das geraubte Land
Und seine bangen Feste wieder gibt, - verheeret,
Entvölkert, abgebrannt:

Ihr Könige, wie wird es euch nicht reuen,
(Wo nicht die fromme Reue fleucht,
Durch Wollust, falsche Weisheit, lauter Schmeicheleien
Des Höflings weggescheucht)

Daß euer Stahl unmenschlich Millionen
Urenkelsöhne niederstieß:
Daß keiner, satt des Unglücks, seine Legionen
Das Blutfeld räumen hieß,

Und lieber, schuldlos, tapfer, durch die Wogen
Des stillen Oceans den Pfad
Gesuchet, eine Welt entdeckt, ein Volk erzogen,
Wie Manko Kapak that,

Der neue Schöpfer seiner Vatererde:
Er theilte Feld und Binsenhaus
Und Weib und Kleid und Zucht und Götter einer Heerde
Zerstreuter Wilden aus;

Und hieß dem frommen Volk ein Sohn der Sonne,
Gleich milde, wachsam so wie sie,
Und so wie sie des neugebornen Landes Wonne,
Und ewig jung wie sie.

Karl Wilhelm Ramler (1725-1798)