Kriegslied

S'ist Krieg, s'ist Krieg! O Gottes Engel wehre
Und rede du darein!
S'ist leider Krieg - und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein.

Was sollt' ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blass
Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen
Und vor mir weinten, was?

Wenn wackere Männer, die sich Ehre suchten
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
In Ihrer Todesnot.

Wenn tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute,
So glücklich vor dem Kriege,
Nun alle elend, alle arme Leute,
Wehklagen über mich.

Wenn Hunger, böse Seuch' und ihre Nöten
Freund, Freund und Feind ins Grab
Versammelten und mir zu Ehren krähten
Von einer Leich' herab. -

Was hülf' mir Kron und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
S'ist leider Krieg - und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!

Matthias Claudius (1740-1813)