Programm der Deutschen Friedensgesellschaft (1897)


I.

Der Krieg steht im Widerspruch mit der heutigen Kulturstufe zivilisierter Nationen. Seine Beseitigung ist vom Standpunkt der Religion, der Sittlichkeit und der Volkswohlfahrt gleichmäßig geboten. Der Krieg ist nicht einmal ein notwendiges Übel, da internationale Streitigkeiten erfahrungsgemäß auf friedlichem Wege gerechter und dauernder beigelegt werden können. Daher gebietet nicht nur die allgemein menschliche, sondern auch die im höchsten Grade die patriotische Pflicht, zur Verhütung des Krieges mit seinen unabsehbaren Folgen alle Kraft einzusetzen.

 

II.

Eine seiner Hauptwurzeln ist der Krieg in den von den altbayrischen Fremdenhass stammenden Vorurteilen und Leidenschaften. In Wahrheit aber bilden die verschiedenen Nationen nicht feindliche Gegensätze, sondern einander ergänzende und fördernde Glieder der Gesamt-Menschheit, ihre wirklichen und dauernde Interessen sind demnach solidarisch. Diese grundlegende Erkenntnis gilt es hauptsächlich zu verbreiten durch die Erziehung in Haus und Schule, durch Literatur und Presse. Versammlungen und Vereine, durch die Volksvertretungen, durch den möglichst ungehemmten Verkehr, durch den Schutz der friedfertigen Ausländer, durch internationale Kongresse, Konventionen und Anstalten aller Art, wissenschaftliche wie praktische, staatliche wie private. Je mannigfaltiger und inniger die Beziehungen zwischen den Völkern sich gestalten, desto mehr wird Abneigung sich in Anerkennung und Freundschaft wandeln.

 

III.

Mit der friedlichen Gesinnung zugleich sind Friedenssituationen anzubahnen, deren Ziel es ist, auch in dem Verhältnis zwischen den Nationen am Stelle der Gewalt das Recht zu setzen.