Soldaten werden nicht geboren, sondern gemacht!
Schon mit vier oder fünf Jahren wollte ich ein Soldat sein. Mein Opa hatte mir schon kaum, dass ich den Windeln entkommen war, ein kleines Schwert geschnitzt und mir Geschichten von den Kreuzzügen nach Jerusalem erzählt. Später folgten die Abenteuer der Soldaten im 30-jährigen Krieg und dann von Napoleon.
Darauf die Abenteuer im Ersten und Zweiten Weltkrieg, geschmückt mit Anekdoten von tapferen Männern, die ihre Frauen beschützten und den Hilflosen tapfer zur Seite standen.
Doch als ich in die Schule kam und so mit sechs oder sieben anfing selber zu lesen, fand ich in den Büchern über Kriege selten strahlende Helden. Viele Geschichten erzählten von dem großen Leid, das Verbrecher wie Dschingis Khan, Cäsar, Napoleon, Mao, Hitler und auch Stalin in die Welt gebracht hatten. Von Brandschatzung, Vergewaltigung und Massenmord war die Rede. Später wurde mir klar, dass Opa nicht mehr ganz sauber im Kopf war, vermutlich hatte er zu viel Schläge in den Kriegen abbekommen.
An einem Nachmittag, ich war gerade 8 Jahre geworden, spielte ich mit meinem besten Freund Kevin im Garten eine Kampfszene aus StarTrek nach. Gefochten wurde mit unseren Laserschwertern, eigentlich Holzstöcken, die wir mit Alufolie umwickelt hatten. In wilder Rittermanier ging es über Tisch und Gartenbänke, als das Unglück geschah: die Spitze von Kevins Schwert traf mich im rechten Auge. Ein Schmerz durch fuhr mich, ich kann es nicht beschreiben, er drang tief in meinen Kopf. Blitze zuckten durch mein rechtes Auge. Etwas Nasses floss über mein Gesicht. Meine große Schwester kam angerannt, erschrak fürchterlich und deckte mein Auge mit einem Taschentuch ab, mittlerweile hatte irgend jemand einen Krankenwagen gerufen. Alles begann sich zu drehen, dann wurde alles dunkel.
Als ich zu mir kam, lag ich im Krankenhaus. Auf meinem rechten Auge war einen Verband.
Eine Krankenschwester rief meiner Mutter zu, dass ich wach geworden sei. Mit Schrecken fiel mir wieder ein, ich hatte ein Auge verloren. Es war so seltsam, nur mit einem Auge die Umgebung zu betrachten, mir war ganz komisch zumute und ich verspürte Angst.
Eine Ärztin mit einer dicken Hornbrille schob nach kurzer Zeit meine ganze Sippe, Mama, Papa und meine zwei heulenden Schwestern, aus dem Zimmer und meinte, dass ich jetzt viel Ruhe brauchte.
Anfangs gab ich die Schuld Kevin, der mich am nächsten Tag besucht hatte und dann ganz verheult Stunden lang in einer Ecke meines Krankenzimmers saß.
Doch nach ein paar Wochen, ich hatte gerade mein erstes Glasauge bekommen, wurde mir klar, dass nicht Kevin Mist gebaut hatte, sondern wir alle, auch ich. Gerade Jungen wird beigebracht das Kämpfen etwas Gutes ist, solange es für eine gerechte Sache ist, Waffen ein notwendiges Übel.
Ich frage mich heute, gibt es denn gerechtes Kämpfen und Töten? Unser Geschichtslehrer meinte mal, dass Frauen ihre Konflikte friedlicher lösen. Der Beweis wurde schon in den von Frauen geführten Stammesgesellschaften der Jungsteinzeit vor rund 7000 Jahren v.Ch. gefunden, deren Siedlungen zum Beispiel, ohne Befestigungsanlagen auskamen.
Was mir auffiel ist, dass Frauen selten kämpfen. Nicht das sie das nicht könnten, meine große Schwester kann richtig geil Kickboxen, doch ich habe sie, außerhalb des Rings noch nie kämpfen gesehen.
Meine beiden Schwestern, die schon ein paar Jahre älter sind, hatten früher auch öfter Streit, doch wurde es nie richtig Handgreiflich. Die würden auch nicht zum Spaß mit Stöcken auf einander losgehen. Meist zickten sie sich an, manchmal ein paar Schimpfworte, ganz selten wurde mal an den Haaren gezogen. Doch Jungen werden in der Regel anders erzogen. Jemand der nicht kämpft, sich nicht prügeln will, wird Weichei, Mädchen genannt.
Die erste Zeit hatte ich noch Probleme mit dem Gehen und vor allem dem Rennen. Ich übersah Hocker, Stühle und oft auch unseren Hund Otto, da mein räumliches Sehen, wie mir die Augenärztin im Krankenhaus erklärt hatte, sich erst anpassen musste. Zu deutsch, ich fiel oft auf die Fresse, was zur Folge hatte, dass ich mich meist in einen Sessel in die Ecke unseres Wohnzimmers setzte und von dort alles beobachtete. Wie ein Huhn, denn ich musste um das ganze Zimmer zu sehen den Kopf hin und her bewegen. Ich las viel. Anfangs meist einfache Geschichten, dann aber auch immer mehr kritische Bücher. Da ich damals in meiner Selbstmitleidsphase war, wie meine Oma mir öfter sagte, habe ich fast mit Genuss das Mitleid meiner Familie und Freunde ausgenutzt und mir auch teure Bücher schenken lassen.
Jetzt mit elf habe ich mich an mein Zyklopendasein gewöhnt. Ich trage jetzt eine Brille, ich nenne sie meine Schutzbrille. Eigentlich brauche ich keine Brille, doch eine Brille schützt mein letztes Auge vor Insekten und dünnen Zweigen beim Radfahren.
Ich habe inzwischen viel über Soldaten, Kriege und das Militär gelesen und erkannt, dass sie ein verzichtbares Überbleibsel aus unserer primitiven Vergangenheit sind. Anfangs ging es um die Jagd von Tieren, Verteidigung der Jagdgründe, ums Überleben. Heute geht es beim Kriegsspielen ums Geld und der damit verbundenen Macht. Mit fast zwölf Jahren mache ich mir natürlich Gedanken über die Kriege, die um uns herum passieren. Meine Kumpels in der Schule spielen oft Fight-Games im Internet. Ein paar von den Älteren überlegen, nach der Schule zur Bundeswehr zu gehen, doch nach einem kurzem Nachdenken habe ich so etwas unter Schwachsinn abgeheftet. Ohne meinen Unfall wäre ich vermutlich auch für diesen Blödsinn zu begeistern gewesen. Ich glaube, intelligentere Menschen haben den Drang etwas aufzubauen und wachsen zu sehen. Dumme Menschen wollen zerstören oder Macht über andere haben.
In der Schule habe ich mich jetzt, zusammen mit zwei Mädchen aus meiner Klasse, für ein Projekt über den Sinn des Afghanistan-Krieges gemeldet. Ich gebe zu, anfangs war es mehr wegen den beiden Mädchen, doch schon nach den ersten Recherchen im Internet hatte es mich gepackt. Jetzt nach zehn Jahren Krieg in Afghanistan zeichnet sich immer noch kein Ende ab. Anfangs sah es ja so aus, als wenn wir als Helfer und Freunde der afghanischen Bevölkerung angetreten wären. Jedoch konnten wir drei schnell sehen, dass es hier nicht um das Helfen sondern um das Geschäfte machen ging. Was uns wunderte war, dass obwohl die überwiegende Mehrheit der Deutschen diesen Krieg nicht unterstützt (über 80%) kein Politiker je gefragt hatte, ob sie als Volk in den Krieg ziehen wollen. Vielleicht gab es Anfangs wirklich ein paar Idealisten und natürlich Abenteurer, doch die Mehrheit der deutschen Soldaten tat es wegen dem Geld.
Auch fanden wir drei heraus, dass es im großen Stil auch um Drogen ging. In der Zeit vor den Taliban wurden in Afghanistan ca. 2500 Tonnen Opium pro Jahr produziert. Als die Taliban die Macht übernahmen, wurde der Drogenanbau auf unbedeutende Mengen reduziert. (ca. 300 Tonnen)
Seit vor gut 10 Jahren Afghanistan durch die USA besetzt wurde, hat sich der Anbau unter der Aufsicht auch von deutschen Truppen auf über 8000 Tonnen Opium im Jahr gesteigert. Afghanistan ist mittlerweile wieder der weltweit größte Produzent von Rohopium. Schätzungen gehen davon aus, dass derzeit 95% des illegal in Europa gehandelten Heroins aus afghanischem Opium hergestellt wird. Der Straßenverkaufspreis der Drogen soll mehr als 35 Milliarden € im Jahr betragen. Ein weiterer Grund für den Krieg war nach Ansicht von Fachleuten, dass amerikanische Geologen schon 1991-93 in Afghanistan Mineralvorkommen mit einem Schätzwert von fast einer Billion Dollar gefunden haben. (1000 Milliarden) Vor allem das gefundene Lithium ist für die westliche Welt sehr interessant.
Unsere Lehrerin, war richtig sauer, als wir an Hand von Fakten darauf hinwiesen, dass unsere Soldaten In Afghanistan eigentlich Söldner sind und keine richtige Soldaten. Bei Wiki steht:
Ein Söldner ist ein gegen Bezahlung (Sold) angeworbener, zumeist zeitlich befristet dienender und durch Vertrag gebundener Soldat.
Der Auszug aus den Genfer Konventionen Art. 47 Absatz 2 I. definiert den Söldner folgendermaßen:
- Als Söldner gilt, wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen. Weiter, wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt.
Stimmt, so 50 Tote bisher. - Und, wer an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat, die wesentlich höher ist als die den Kombattanten der Streitkräfte dieser Partei in vergleichbarem Rang und mit ähnlichen Aufgaben zugesagte oder gezahlte Vergütung.
Stimmt auch: Ein Afghane bekommt wenn er Soldat ist mit viel Glück 300€ im Monat, ein deutscher Soldat bekommt das 10fache. - Dann noch, wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist.
Stimmt wieder, keiner unserer Soldaten ist Afghane und keiner hat seinen Wohnsitz dort. - Und wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.
Treffer, stimmt schon wieder, weder haben wir den Afghanen den Krieg erklärt noch sind wir
Angehöriger der US-Truppen.
Fakt ist also unsere Soldaten sind nach der Definition der Genfer Konventionen Söldner.
Leider haben wir für unsere Arbeit nur ein Drei bekommen, doch das ändert nichts an der Wahrheit.
© Dirk A. Hiller