Frieden ist für uns die Abwesenheit von Krieg, aber gleichzeitig viel mehr als das. Frieden ist eine Grundhaltung, die Interessengegensätze auf den verschiedensten Ebenen so austrägt, dass damit dem Ausbruch von gewaltsamen Feindseligkeiten jeglicher Boden entzogen wird.
Durch den Eintritt der Menschheit ins Atomzeitalter wurde ein neues Denken notwendig, eine neue Qualität von Verantwortung der Menschen, die nicht nur für sich selbst, sondern für künftige Generationen und für den Fortbestand der Erde, auf der Menschen leben können. Wir müssen endlich die Erde als gemeinsamen Lebensraum begreifen, wozu uns Rohstoffverknappung, Umweltgefährdung und ökonomische Rückständigkeit der Entwicklungsländer als Ursache von Konflikten zwingen.
In der Verantwortung für die Zukunft der Menschheit bildet die Sicherung des Friedens den höchsten Wert und ist zugleich Voraussetzung für die Bewältigung der anderen Aufgaben. Allerdings ist der Wunsch nach immerwährender Harmonie eine Illusion: Zu unterschiedlich sind die Interessen und Überzeugungen, und zwar nicht nur zwischen den einzelnen Gruppen und Völkern, sondern auch zwischen den Menschen ungleichen Alters, Geschlechts und verschiedener Teilhabe an Besitz und Macht.
Trotzdem kann nur Frieden heute die Form menschlichen Zusammenlebens sein, auch mit Andersdenkenden, selbst wenn diese vorhandene Normen ändern wollen. Deshalb ist die Kultur des Streites und der Diskussion zu erlernen: Nicht zur Verwischung sozialer, politischer und kultureller Gegensätze, sondern im Bewußtsein gemeinsamer Verantwortung für die Existenz unserer Welt und Umwelt.
Erklärung zur Gründung des Aachener Friedenspreis e.V., 1988