Pazifismus heißt nicht Friedfertigkeit. Wer meint, der Pazifist müsse, seiner Definition nach, ein friedlicher, sanftmütiger, durchaus nachgiebiger, toleranter Mensch sein, ein niemals opponierendes, sich auflehnendes, aggressives gar zornentbrantes, vielmehr vom Honig der Eintracht und von allen Salben bedingungsloser Menschenliebe triefendes Demutsgeschöpf, der hat den Pazifismus gründlich missverstanden. Pazifismus bezeichnet keine Lammesgesinnung und keine Betschwestertugend, sondern die kämpferische Bewegung für eine Idee. Für welche Idee? Nicht für die Idee, dass auf Erden zwischen den Menschen und Menschengruppen Kämpfe aufhören, sondern für die Idee, dass auf Erden Kriege aufhören; Krieg ist eine Form des Kampfes, ist blutiger Leiberkampf von Massen auf Leben und Tod, von Massen innerlich vielfach Unbeteiligter, also unschuldig in den Tod Gehetzter - und diese Form menschlicher Auseinandersetzung, weil sie eine unmenschliche ist will der Pazifismus aus der Welt schaffen. Kurt Hiller (1885-1972)